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DOI: 10.1055/a-2457-6195
Tumorzellen auf Kupferentzug

Nanofasern aus Kupfer-bindenden Peptiden stören die Kupferhomöostase in Krebszellen. Viele Tumore benötigen für ihr ausuferndes Wachstum deutlich mehr Kupfer als gesunde Zellen – möglicherweise ein neuer Angriffspunkt für Krebstherapien. Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts stellt einen neuartigen Ansatz vor, bei dem Tumorzellen Kupfer effektiv entzogen wird, wodurch die Zellen abgetötet werden.
Kupfer ist ein essenzieller Co-Faktor verschiedener Enzyme, die eine Rolle für das Wachstum und die Entwicklung von Zellen spielen. Beispielsweise sind Kupferionen am antioxidativen Schutz beteiligt. Zellen regulieren die Konzentration und Verfügbarkeit von Kupferionen sehr streng, es müssen einerseits genug Kupferionen „griffbereit“ sein, andererseits muss die Konzentration freier Kupferionen im Zytoplasma extrem geringgehalten werden, um unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden. Extrazelluläre, 2-wertige Kupferionen werden zu 1-wertigem Kupfer reduziert, in die Zelle transportiert, in Pools gelagert und bei Bedarf auf diejenigen Biomoleküle übertragen, die sie benötigen. Um das zelluläre Kupfergleichgewicht beizubehalten, haben Zellen ausgeklügelte Verkehrswege entwickelt, die über verschiedene Transporter, Liganden, Chaperone und Co-Chaperone laufen.
Da Krebszellen viel stärker wachsen und sich vermehren, haben diese einen deutlich erhöhten Bedarf an Kupferionen. Ihnen den Zugriff auf Kupferionen zu verwehren, könnte ein neuer Therapieansatz sein. Das Problem: Bisher konnten noch keine Wirkstoffe entwickelt werden, die Kupferionen mit ausreichend hoher Affinität binden, um sie den Kupfer-bindenden Biomolekülen „wegzunehmen“.
Forschenden ist es nun gelungen, ein solches System zu entwickeln. Als Herzstück wählten sie die Kupfer-bindende Domäne des Chaperons Atox1. An dieses Peptid knüpften sie einen Baustein, der die Aufnahme in Tumorzellen fördert. Ein dritter Part sorgt dafür, dass die einzelnen Moleküle in den Tumorzellen zu Nanofasern aggregieren. In dieser Form tragen die Fasern viele Kupfer-bindende Stellen in passender räumlicher Anordnung auf ihrer Oberfläche, um Kupferionen jeweils von 3 Seiten mit Thiol-Gruppen „in die Zange nehmen“ zu können (Chelat-Komplex). Die Affinität dieser Nanofasern zu Kupfer ist so hoch, dass sie Kupferionen auch in Anwesenheit Kupfer-bindender Biomoleküle festhalten. Die Kupferpools der Tumorzelle laufen daher leer und Biomoleküle, die Kupferionen benötigen, werden inaktiv. In der Folge wird das Redox-Gleichgewicht der Tumorzelle gestört, es kommt zu vermehrtem oxidativem Stress und die Tumorzelle stirbt ab.
Bei den unter speziellen Bedingungen an Zellkulturen durchgeführten Experimenten waren mehr als 85% einer Brustkrebszellkultur nach 72 Stunden abgestorben, während sich keine Zytotoxizität gegenüber einer gesunden Zelllinie zeigte. Das Forschungsteam hofft, dass sich aus diesen grundlegenden Experimenten in vielen Jahren vielleicht anwendbare Behandlungsansätze gegen Krebs entwickeln lassen.
Nach einer Mitteilung der Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Publication History
Article published online:
05 February 2025
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