Gesundheitswesen 2024; 86(12): 803-813
DOI: 10.1055/a-2328-4088
Originalarbeit

Entwicklung der Ärzt*innenzahlen und Beschäftigungsverhältnisse in Bayern – Trends in den Ärzt*innenstatistiken der Bayerischen Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

Physician Numbers and Employment in Bavaria: Trends in statistics of the Bavarian Medical Association and the Association of Statutory Health Insurance Physicians of Bavaria
Sophie Gigou
1   Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Germany
,
Laura Corazza
1   Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Germany
,
Sandra Fett
2   KVB, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Germany
,
Martin Tauscher
2   KVB, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Germany
,
Roman Gerlach
2   KVB, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Germany
,
2   KVB, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Germany
,
Antonius Schneider
1   Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Germany
› Author Affiliations
Fördermittel Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention —

Zusammenfassung

Hintergrund Obwohl die Zahl der Medizinstudienplätze und Ärzt*innen in Deutschland in den letzten 25 Jahren zugenommen hat, droht ein Ärzt*innenmangel. Anhand der Ärztestatistiken der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) soll eine fachgebietsübergreifende Analyse der bayerischen Arztzahlen über einen längeren Zeitraum vorgenommen werden, um aktuelle Entwicklungen im zeitlichen Verlauf einordnen zu können sowie Ansatzpunkte für die Gestaltung der medizinischen Versorgung zu gewinnen. Die Kennzahlen wurden hinsichtlich der Verteilung der Ärzt*innen nach ambulantem und stationärem Sektor sowie hinsichtlich der Entwicklung der Angestelltenzahlen, des Beschäftigungsumfangs und der Geschlechterverteilung im ambulanten Sektor analysiert.

Methoden Als Datengrundlage dienten die jährlich veröffentlichten und zusammengeführten Ärztestatistiken der BLÄK von 2000 bis 2022 sowie die ambulanten GKV-Abrechnungsdaten der niedergelassenen und angestellten Ärzt*innen in Bayern von 2010 bis 2022, aufbereitet durch die KVB. Es wurden deskriptive Analysen durchgeführt.

Ergebnisse Seit 2000 ist die Zahl der Ärzt*innen in Bayern im stationären Setting um 83%, im ambulanten Setting um 35% angestiegen. In der Konsequenz sind seit 2010 mehr Ärzt*innen im Krankenhaus als in der ambulanten Versorgung tätig (2022: 28976 ambulant und 34243 stationär tätige Ärzt*innen). In der ambulanten Versorgung geht der Trend in allen Fachgebieten weg von der Niederlassung und Vollzeittätigkeit hin zur Anstellung und Teilzeittätigkeit. Angestellte Ärzt*innen weisen einen durchschnittlich geringeren Beschäftigungsumfang auf als selbstständige Ärzt*innen. Der Frauenanteil in der Ärzt*innenschaft ist kontinuierlich gestiegen, wobei Ärztinnen im Vergleich zu Ärzten eher angestellt und in Teilzeit tätig sind. Dennoch ist auch bei Ärzten heute in einigen Fachgebieten eine Teilzeittätigkeit prominent vertreten.

Schlussfolgerungen Der fachgebietsübergreifende Trend hin zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Anstellung und Teilzeit ist ungebrochen, sodass mehr Personen nötig sind, um die Anzahl der aktuell verfügbaren Arztstunden über die Zeit aufrechtzuerhalten. Neben Niederlassungsanreizen muss diesem Trend bei der Planung der Versorgung Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ist fraglich, ob eine Steigerung von Medizinstudienplätzen ohne bedarfsgerechte Steuerung eine geeignete Maßnahme gegen den Ärzt*innenmangel ist, wenn ein immer größerer Anteil der Ärzt*innen langfristig in Kliniken tätig wird.

Abstract

Background Although the number of places at medical schools and physicians in Germany has increased continuously over the past 25 years, there is a threat of a shortage of physicians. Based on data from the Bavarian Medical Association (BLÄK) and the Association of Statutory Health Insurance Physicians of Bavaria (KVB), an analysis of the number of physicians in Bavaria over a longer period of time was carried out in order to understand current developments and possible starting points for the future organization of medical care. The figures were analyzed with regard to the distribution of physicians by outpatient and inpatient sector as well as with regard to the development of the number of employees, the scope of employment and the gender distribution in the outpatient sector.

Methods Data were taken from the annually published and systematically compiled numbers of physicians from the BLÄK (2000 to 2022) as well as the outpatient billing data of practicing and employed physicians in Bavaria (2010 to 2022), processed by the KVB. Descriptive analyses were performed.

Results Since 2000, the number of physicians in Bavaria has risen by 83% in the inpatient setting and by 35% in the outpatient setting. As a result, more physicians have been working in hospitals than in outpatient care since 2010. In the outpatient setting the trend is moving away from establishing one’s own practice and full-time work towards salaried and part-time employment. Employed physicians have lower average working hours than self-employed physicians. The proportion of women among physicians has steadily increased, with female physicians more likely to be employed and working part-time compared with male physicians. Nevertheless, part-time employment is also prominent among male physicians in some specialties today.

Conclusion The trend towards practicing in salaried and part-time positions continues unabated and is represented across all specialties, suggesting that more physicians are needed to maintain the number of working hours over time. In addition to incentives and subsidies, this reality must be taken into account when planning care. At the same time, it is questionable whether increasing medical school places without managing them according to need is the right way to address the shortage of physicians in outpatient care when an ever-increasing proportion of physicians is working in inpatient care.



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Article published online:
16 July 2024

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