Rofo 2024; 196(07): 649-650
DOI: 10.1055/a-2276-4679
Brennpunkt

Kommentar zu „HYBRID – 18F-FDG-PET/CT: Uptake anders bewerten“

Constantin Lapa
1   Department of Nuclear Medicine, University Hospital Augsburg, Augsburg, Germany
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Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) mit [18F]Fluorodesoxyglucose ([18F]FDG) gehört aktuell nicht zum routinemäßigen Standard in der Primärdiagnostik des kolorektalen Karzinoms, kann gemäß der aktuellen S3-Leitlinine jedoch bei Patient*innen mit resektablen Lebermetastasen mit dem Ziel der Vermeidung einer unnötigen Laparotomie durchgeführt werden [1].

In der therapeutischen Entscheidungsfindung des Kolonkarzinoms spielt u.a. die Berücksichtigung der Mikrosatellitenstabilität (MSI) eine wichtige Rolle, da dieser genetische Marker mit einer besseren Prognose der Patient*innen assoziiert ist [2]. Cha und Kollegen konnten in ihrer Arbeit (bei hoher Überlappung der jeweiligen Werte für die beiden Gruppen) eine insgesamt signifikant höhere [18F]FDG-Aufnahme in Kolonkarzinomen mit hoher MSI (MSI-high) als in Tumoren ohne Mikrosatellitenstabilität (MSI-stable) feststellen, was die bisherige Datenlage prinzipiell bestätigt [3], u.a. aber auch der signifikant größeren Tumorgröße in der MSI-high-Gruppe (7,50±2,72 cm versus 5,59±2,55 cm) geschuldet sein kann [4].

Hinsichtlich des Metastasierungspotenzials konnte in einem relativ kurzen Beobachtungszeitraum (183±94 Tage) nur in den MSI-stable-Tumoren eine hohe tumorale Glucoseaufnahme mit dem Auftreten einer Fernmetastasierung korreliert werden, während sich für die Gruppe der MSI-high-Tumoren keine Assoziation ergab. Während die Autoren als Erklärung einen möglichen Einfluss des Immunsystems in Sinne eines anteiligen PET-Signals durch lokal den Tumor infiltrierende Lymphozyten und somit einen günstigen prognostischen Effekt bei den (immunogeneren) MSI-high-Tumoren diskutieren, müssen einige Gesichtspunkte der Arbeit kritisch diskutiert werden: In der retrospektiven Studie wurde (ohne entsprechende Korrektur des Signifikanzniveaus) eine Vielzahl unterschiedlicher Analysen an einer verhältnismäßig kleinen Patientenkohorte durchgeführt; in der Gruppe der MSI-high-Tumoren traten insgesamt nur 5 Fälle von Fernmetastasen auf. In der Analyse wurde nur der Primärtumor berücksichtigt, da aber eine relevante Anzahl von Patienten zum Zeitpunkt der Bildgebung bereits eine Fernmetastasierung und somit ein größeres Tumorvolumen aufwies, kann ein störender Einfluss im Sinne eines sogenannten tumor sink-Effektes letztlich nicht ausgeschlossen werden (es wird keine Information über das jeweilige Gesamttumorvolumen gegeben) [5]. Zudem wurden im Rahmen der Untersuchungen unterschiedliche PET/CT-Systeme verschiedener Hersteller verwendet, was die Berechnung der für die Analysen benutzten PET-Parameter (z.B. standardized uptake values; SUV) einer unvermeidlichen technischen und rekonstruktionsbedingten Variation unterwirft.

Insgesamt ist die Aussagekraft der berichteten Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahl und der methodischen Einschränkungen deutlich reduziert, was auch durch die sehr großen Konfidenzintervalle der vermeintlichen Assoziation untermauert wird. Da zuletzt der MSI-Status routinemäßig am Operationspräparat histopathologisch bestimmt wird, erscheint der klinische Nutzen der nicht-invasiven Beurteilung mittels prä-operativer [18F]FDG-PET/CT jenseits der unzureichenden Datenlage der Publikation sehr fraglich.



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Article published online:
24 June 2024

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