Zentralbl Chir 2024; 149(01): 35-36
DOI: 10.1055/a-2171-7766
Editorial

Editorial

Michael Ghadimi

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bei der Diagnostik und Therapie des Rektumkarzinoms sowohl in der kurativen als auch palliativen Situation sind in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt worden. Diese sind das Ergebnis multimodaler Therapieansätze, optimierter chirurgischer Techniken und innovativer Entwicklungen in der medikamentösen Therapie. Vor allem die multimodalen Therapieansätze sind in großen nationalen und internationalen Studien Gegenstand ständiger Verbesserungen und Veränderungen. Die Standardisierung in SOPs [1] sowie zukünftige Entwicklungen, z. B. im Bereich der Liquid Biopsies [2], eignen sich zum einen, die Sicherheit für unsere Patient*innen zu erhöhen, und lassen zum anderen eine hohe Innovationskraft erwarten.

Das Rektumkarzinom stellt zwar eine Tumorentität dar, die uns aufgrund ihrer ungünstigen Lokalisation im kleinen Becken vor große Herausforderungen gestellt hat und weiterhin stellt, aber sie bildet ein Paradebeispiel für die Effektivität und den Erfolg intensiver Interdisziplinarität.

Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, ein aktuelles Schwerpunktheft als State of the Art zum Rektumkarzinom herauszugeben. Die Auswahl der Autor*innen stellt wesentliche Meinungsbildner*innen in unserem Land dar und wir sind von Herausgeber*innen- und Verlagsseite dankbar für deren Engagement.

In dem vorliegenden Schwerpunktheft geben Al-Bourini et al. [3] einen Überblick über die Modalitäten des Stagings und der Diagnostik des Rektumkarzinoms. Insbesondere der MRT-Diagnostik kommt hier eine zentrale Rolle zu, vor allem in Bezug auf die Indikationsstellung lokal resezierender Verfahren, primär chirurgischer Resektionen und ganz besonders multimodaler Therapieansätze. Herr Prof. Hochberger, als einer der prominenten Endoskopiker, präsentiert mit seinen Co-Autor*innen die Möglichkeiten der endoskopischen High-End-Verfahren für Präkanzerosen und Frühkarzinome des Rektums [4]. Dies bedarf parallel zu einer besonderen Expertise einer speziellen pathohistologischen Aufarbeitung. In der Arbeit von Conradi et al. [5] werden die Prinzipien der Rektumchirurgie und die relevanten chirurgischen Operationsverfahren sowie Entwicklungen im perioperativen Management beschrieben.

Auch bei den neoadjuvanten Strategien gab es in den letzten Jahren erhebliche und effektive Weiterentwicklungen, wie die totalen neoadjuvanten Therapien, die von Ralf Hofheinz beschrieben werden [6]. Diese sind z. T. so effektiv, dass bei einem Teil der behandelten Patient*innen eine Komplettremission des Tumors und der Lymphknotenmetastasen induziert wird.

In solchen Situationen kann im Rahmen von Studienkonzepten auf eine Resektion verzichtet und Patient*innen in ein Watch-and-Wait-Konzept überführt werden. Solche Konzepte bedürfen sorgfältiger Aufklärung der betroffenen Patient*innen und müssen mit großer Vorsicht und Aufmerksamkeit durchgeführt werden. Dieser hochrelevanten Thematik widmen sich Kastner et al. [7] mit der Diskussion des optimalen Zeitpunkts des initialen Re-Stagings, der Kriterien zur Beurteilung des klinischen Ansprechens und des Ausgestaltens des Surveillance-Protokolls.

Für ein Update zu aktuellen und modernen Systemtherapien für das metastasierte Rektumkarzinom konnten wir Thomas Seufferlein gewinnen [8], der in seiner Übersichtsarbeit über Induktions- und Erhaltungstherapien sowie die Etablierung zielgerichteter Therapien und molekular definierter Ansätze bei bestimmten Patientenkollektiven referiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Lektüre dieses Schwerpunktheftes Rektumkarzinom werden Sie auf dem aktuellen Stand in der Diagnostik und Therapie dieser Tumorentität sein. Es ist uns allen bewusst, dass die Therapie des Rektumkarzinoms stadienabhängig sehr ausdifferenziert erfolgen muss und einer hohen Expertise und Erfahrung bedarf.

Mit herzlichen Grüßen aus Göttingen

Michael Ghadimi



Publication History

Article published online:
05 March 2024

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