CC BY-NC-ND 4.0 · Gesundheitswesen 2023; 85(S 05): S267-S269
DOI: 10.1055/a-2159-9000
Editorial

Nachhaltige StadtGesundheit

Sustainable Urban Health
Rainer Fehr
,
Claudia Hornberg

In welchem Ausmaß und in welcher Vielfalt das Thema „Gesundheit“ mit allen Teilbereichen der Gesellschaft verwoben ist, zeigte sich in den zurückliegenden drei pandemiegeprägten Jahren in aller Deutlichkeit. Die Zielvorstellung „Gesundheit für alle“ behält einmal mehr ihre Gültigkeit; als ergänzendes Motto lässt sich „Gesundheit – ein Thema für alle“ hinzufügen. Um die Vision von Gesundheit, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit erfolgreich zu verfolgen, bedarf es einerseits grundlegender Kenntnisse gesundheitlicher Zusammenhänge in ihrer Vielfalt und außerdem einer Debatte über das Spektrum geeigneter Ansatzpunkte.

Ohne die Bedeutung individueller Gesundheitskompetenz und darauf basierender Entscheidungen zu verkennen, lässt sich der Erhalt, die (Wieder-)Herstellung und Absicherung gesunder Lebensverhältnisse in Stadt und Land als eine bedeutende gesellschaftliche Verantwortung und Aufgabe erkennen. Hier ist gesundheitliche Kompetenz von Akteur:innen in allen Sektoren der Gesellschaft gefragt, damit sich komplexe Zusammenhänge verstehen lassen sowie passende Handlungsalternativen erkannt und umgesetzt werden.

Einen geeigneten Rahmen bildet aus unserer Sicht das Arbeitsfeld Urban Health/StadtGesundheit, wenn es sich mit den Bemühungen um Nachhaltigkeit im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele als Sustainable Urban Health/Nachhaltige StadtGesundheit verbindet. Hier sehen wir eine Gelegenheit, individuelle und gesellschaftliche Verantwortung für Gesundheit auszubalancieren und dem Trend zur (Über-)Spezialisierung eine integrative Sichtweise entgegenzusetzen. Auf diese Weise kann für Vertreter:innen gesundheitlicher, städtebaulicher und weiterer Forschungs- und Arbeitsbereiche sowie für die interessierte Öffentlichkeit ein anschaulicher Zugang zum Thema Gesundheit und Gesellschaft entstehen.

Anknüpfend u. a. an Konzepte einer ökologischen Prävention und Gesundheitsförderung entstanden vor diesem Hintergrund ein aus mehreren Bausteinen bestehendes Forschungsförderprogramm und ein informelles Netzwerk von Expert:innen, welche kooperativ und oft transdisziplinär am Thema arbeiten. Zu den Programmkomponenten gehören betreute Forschungsgruppen, eine Konferenzserie, eine Edition, ein integrierendes Projekt „Brückenbau“ und inzwischen auch ein entsprechend ausgerichtetes Institut.

Im vorliegenden Supplement-Band werden zuerst das Gesamtprogramm [1] und die Grundkonzepte [2] vorgestellt. Die weiteren Beiträge sind thematisch fokussierte Positionspapiere, die jeweils zunächst Grundlagen und Sachstand umreißen und anschließend aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze beschreiben. Ein Schwerpunkt der Positionspapiere liegt auf Empfehlungen, die sich u. a. an wissenschaftliche Einrichtungen und an Forschungsförderung sowie an Städte, Gemeinden und Kreise richten. Auch curriculare Eckpunkte für Aus- und Fortbildung werden benannt.

Die Positionspapiere betreffen folgende Themen: Stadtepidemiologie [3], Stadtgrün und -blau [4], Mobilität und Gesundheit [5] sowie Stadtplanung und Gesundheit [6]. Zu den vier ausgewählten Vertiefungsfeldern waren im Zusammenhang mit der 7. Konferenz „Stadt der Zukunft“ (2021) zunächst vier Arbeitspapiere mit gemeinsamer Grundstruktur entstanden, die sich durch Rückmeldungen vor und nach dieser Konferenz sowie durch Workshopbeiträge anreicherten. – Nahezu alle Autor:innen in diesem Supplementband waren, in unterschiedlichen Rollen, auch am genannten Forschungsförderprogramm beteiligt.

Aus unserer Sicht hat das Förderprogramm vielschichtige Wirkungen entfaltet. Intensivere Aufmerksamkeit für die Verbindung von Stadtentwicklung und Gesundheit ist auch in Deutschland zu beobachten. Was davon als Reaktion auf das Programm gelten darf, ist oft nicht leicht zu sagen. Eine eindeutige Verbindung zum Förderprogramm besteht u. a. im Stadtstaat Hamburg: studentische Exkursionen (z.T. gemeinsam von Gesundheits- und Planungswissenschaften durchgeführt) ließen Impulse entstehen, die in die Konzipierung des Förderprogrammes eingingen. Vor dem Hintergrund des Förderprogrammes bahnte eine aus Gesundheitsbehörde und Wissenschaft zusammengesetzte informelle Gruppe den Weg für die Hamburger Buchpublikation von 2018 [7], die ihrerseits 2019 den Anstoß für einen transdisziplinären Arbeitskreis „Nachhaltige StadtGesundheit“ und 2020 für eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Stadtepidemiologie“ gab. Auch anderenorts – bspw. im Ruhrgebiet – wird daran gearbeitet, das mit „StadtGesundheit“ verbundene Potenzial intensiver zu nutzen.

Bei allen am vorliegenden Supplementband beteiligten Autor:innen bedanken wir uns für die langjährige gute Zusammenarbeit, bei den Reviewer:innen für ihre wertvollen Hinweise. Auf Rückmeldungen und Anregungen freuen wir uns.

Rainer Fehr, Claudia Hornberg



Publication History

Article published online:
16 November 2023

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  • Literatur

  • 1 Zerbe S, Hornberg C, Macher M. et al. Forschungsförderprogramm „Stadt der Zukunft – gesunde und nachhaltige Metropolen“. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S270–S277.
  • 2 Fehr R, Hornberg C. Nachhaltige StadtGesundheit als Denk- und Handlungsansatz. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S278–S286.
  • 3 Bolte G, Moebus S, Fehr R. Stadtepidemiologie als integrativer Ansatz für eine nachhaltige, gesundheitsfördernde Stadtentwicklung. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S287–S295.
  • 4 Kistemann T, Zerbe S, Säumel I. et al. Stadtgrün und Stadtblau im Klimawandel. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S296–S303.
  • 5 Kahlmeier S, Wittowsky D, Fehr R. Mobilität und StadtGesundheit. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S304–S310.
  • 6 Köckler H, Knieling J, Fehr R. Stadtplanung, urbane Initiativen und Gesundheit. Gesundheitswesen 2023; 85 (Suppl. 5): S311–S318.
  • 7 Fehr R, Trojan A. Hrsg. Nachhaltige StadtGesundheit Hamburg – Bestandsaufnahme und Perspektiven. Edition Nachhaltige Gesundheit in Stadt und Region, Band 2. München: Oekom-Verlag; 2018.