Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2023; 18(06): 489-495
DOI: 10.1055/a-2151-8617
SOP/Arbeitsablauf

SOP Fraktur des Ellenbogengelenks

Kay Schmidt-Horlohé

Einleitung

Eine komplexe ossäre Geometrie und die Artikulation der Gelenkflächen des distalen Humerus, der proximalen Ulna und des Radiuskopfes in den drei Teilgelenken des Ellenbogens (Humeroulnar-, Humeroradial- und proximales Radioulnargelenk) machen die Diagnostik und Therapie zu einer Herausforderung für den behandelnden Arzt [1] [2] [3]. Begleitende ligamentäre Verletzungen sowie die engen Lagebeziehungen der neurovaskulären Strukturen zum Gelenk erfordern höchste Aufmerksamkeit.

Zur differenzierten Therapie dieser komplexen Gelenkfrakturen sind detaillierte Kenntnisse der Anatomie und Biomechanik, der operativen Zugangswege und verfügbaren Implantate als auch des Nachbehandlungsregimes erforderlich. Ziel der differenzierten Therapie ist die Wiederherstellung von Anatomie und Gelenkkinematik, eine stabile und schmerzfreie Gelenkfunktion sowie das Verhindern von posttraumatischen Gelenkveränderungen.

Im folgenden Artikel werden die SOPs zu den häufigsten Frakturentitäten distale Humerusfrakturen, Olekranonfrakturen und Radiuskopffrakturen erörtert. Da sich die diagnostischen und therapeutischen Konzepte sowie die Nachbehandlung in weiten Bereichen ähneln, werden Behandlungsaspekte zusammenfassend dargestellt. Unterschiede und Besonderheiten werden explizit diskutiert.

Auf die kindlichen Verletzungen des Ellenbogens wird nicht eingegangen.

Frakturen des distalen Humerus

Frakturen des distalen Humerus stellen mit einer Häufigkeit von 2–3% eine eher seltenere Verletzung dar [4]. Während in der ersten Lebenshälfte überwiegend das männliche Geschlecht mit hochenergetischen Traumata betroffen ist, findet sich in der zweiten Lebenshälfte eine ausgeprägte Dominanz des weiblichen Geschlechts mit niedrigenergetischen Unfallmechanismen. Epidemiologische Studien prognostizierten eine Verdreifachung der Inzidenz distaler Humerusfrakturen bei Frauen über 60 Jahren bis zum Jahr 2030 [5].


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Olekranonfrakturen

Die isolierte Olekranonfraktur wird mit einer Inzidenz von ca. 10% aller Frakturen der oberen Extremität und mit ca. 38% aller knöchernen Ellenbogenverletzungen beobachtet [3]. Als Unfallmechanismus kommen sowohl direkte als auch indirekte Krafteinleitungen in Frage.


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Radiuskopffrakturen

Die Radiuskopffraktur ist die häufigste knöcherne Verletzung des Ellenbogengelenks beim Erwachsenen und wird mit einer Inzidenz von ca. 5% aller Frakturen angegeben [6]. Sie repräsentiert ca. ein Drittel aller knöchernen Verletzungen des Ellenbogengelenks [7]. Durch einen Sturz nach vorn auf den ausgestreckten und pronierten Unterarm kommt es zu einer indirekten Krafteinleitung mit posteriorer Subluxation unter das Kapitulum und typischer Abkantfraktur des Radiuskopfes. Bei komplexen Radiuskopffrakturen liegen in bis zu 85% ligamentäre Begleitverletzungen vor [8].

Allen Verletzungen gemein ist eine schmerzhafte eingeschränkte oder aufgehobene Gelenkfunktion. Klassischerweise wird der Arm in ca. 80° Flexion gehalten, da in dieser Stellung die Gelenkkapsel das größte Volumen besitzt und der durch das Frakturhämatom schmerzauslösende intraartikuläre Druck am geringsten ist.


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Publication History

Article published online:
26 October 2023

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