Allgemeine Homöopathische Zeitung 2023; 268(06): 32
DOI: 10.1055/a-2146-3151
Buchbesprechungen

Wilhelm Heinrich Schüßler – Arzt aus Leidenschaft

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Ulrich Koch

Es mag 10 oder 15 Jahre her sein, dass den sogenannten Schüßler-Salzen, obwohl nie in Vergessenheit geraten, plötzlich eine hohe allgemeine Aufmerksamkeit zuteil- wurde. Kurse für Laien und professionelle Therapeuten wurden angeboten, und mittlerweile dürfte jede Apotheke einen Vorrat an diesen Medikamenten bereithalten.

Viel wusste ich nicht über Schüßler, außer dass er von den Homöopathen nicht besonders ernst genommen wurde, wahrscheinlich deshalb, weil er seine Arzneien, von Calcium fluoratum bis Silicea, vor theoretischem Hintergrund und aus der klinischen Erfahrung propagierte und nicht als Produkt von Arzneimittelprüfungen, wie es sonst in der Homöopathie gefordert wird. Nun fiel mir das Buch von Peter Emmrich, M.A., Diplom-Biologe und Allgemeinarzt, und Prof. Gert Oomen, Historiker, in die Hand, eine schöne Biografie über Heinrich Wilhelm Schüßler. Ein liebevoll aufgemachtes Werk ist dies, eine bibliophile Kostbarkeit, zu deren Entstehen offenbar eine enorme Recherchearbeit erforderlich war. Es beschreibt nicht nur Schüßlers Herkunft aus Zwischenahn, seine schwierige Jugend mit einem Vater, der wegen Unterschlagung einige Jahre im Gefängnis absaß, mit der Folge schließlich eines sehr armen Lebens, sein Studium in Paris, Prag, Berlin und Gießen, bis zu seiner Niederlassung und seinem langen Wirken in Oldenburg.

Das Buch beschreibt sehr präzise, welche Vorläufer es zu Schüßlers Gedankengut gab. In der damaligen Zeit – Schüßler lebte von 1821 bis 1898 – erfuhr die Medizin einen Umbruch. Bis dahin als mystische Naturmedizin kläglich versagend, stellte sie sich anhand der damaligen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf eine neue Basis. Schüßler, Virchow und Kneipp wurden im selben Jahr geboren und wirkten mit neuen Erfahrungen auf der Grundlage chemischer, biologischer und physikalischer Einsichten.

Schüßler verstand sich zeitlebens als Homöopath, fühlte sich aber von seinen Kollegen ausgegrenzt. Schüßler provozierte allerdings die Ärzteschaft, indem er sich dahin verstieg, mit diesen Salzen alles heilen zu können und das übrige Angebot der Homöopathie nicht mehr zu gebrauchen – eine abgekürzte homöopathische Therapie nannte er das. Später sprach er auch nicht mehr von Homöopathie, sondern von Biochemie.

Das Buch war eine schöne, leicht zu lesende Lektüre, der ich wertvolle Erkenntnisse verdanke.

Ernst Trebin



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Article published online:
21 November 2023

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