Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(11): 1311-1314
DOI: 10.1055/a-2130-5952
GebFra Magazin
Geschichte der Gynäkologie

„Das Weib in der Natur- und Völkerkunde“ und die Begründung der gynäkologischen Anthropologie und Ethnologie im 19. Jahrhundert durch Heinrich Ploss und Maximilian Bartels

Andreas D. Ebert
,
Matthias David

„Die Charité – Universitätsmedizin Berlin hat heute in einer feierlichen Zeremonie zwanzig Schädel von Angehörigen der Nama und Herero aus dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika an den Rat für nationales Erbe Namibias zurückgegeben. Die Menschen waren während der Aufstände gegen die deutsche Kolonialherrschaft in den Jahren 1904 bis 1908 zu Tode gekommen. Ihre Gebeine lagerten seitdem in verschiedenen Berliner Sammlungen und gelangten teilweise erst nach 1990 in die Obhut der Charité“, so war es in einer Pressemitteilung der Charité 2011 zu lesen [1]. Die erwähnten menschlichen Überreste („Human Remains“) stammten aus der ehemaligen anthropologischen Sammlung der Charité [2] [3]. Solche Sammlungen gab es deutschland-, europa- und weltweit an anatomischen und anthropologischen Instituten [4] [5]. Ein prominenter Förderer der Anthropologie und Ethnologie war Rudolf Virchow (1821–1902) [6], der auch 1869 mit zahlreichen Kollegen die Berliner anthropologische Gesellschaft aus der Taufe hob [7]. Der prosperierende Kolonialismus, der aufkommende (Sozial-)Darwinismus, aber auch sensationelle wissenschaftliche Entdeckungen und ehrliches Forschungsinteresse führten nun im Wettlauf der europäischen Nationen zu einem neugierigen und begehrlichen Blick auf den „Schwarzen Kontinent“ [8]. Zeitgenössischen Ausdruck fand das auch in den „Völkerschauen“, die u. a. von Carl Hagenbeck (1844–1913), einem renommierten Tierhändler und Zoodirektor aus Hamburg [9], ab 1874 professionell organisiert und von hunderttausenden Schaulustigen in Deutschland besucht wurden [8]. Dabei wurden Afrikaner und Afrikanerinnen sowie Frauen und Männer verschiedener anderer „exotischer“ Völker in „Menschenzoos“ ausgestellt, wo sie u. a. Tänze und „Rituale“ vor dem sensationslüsternen Publikum, also durchaus auch dem geneigten Bildungsbürgertum, vorführen mussten. Rudolf Virchow unterstützte solche „Völkerschauen“ und führte selbst entsprechende Körpervermessungen an den ausgestellten Menschen durch [10] [11]. Moralische Zweifel am Sinn dieser Schauen gab es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht [12].



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Article published online:
03 November 2023

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