Zahnmedizin up2date 2023; 17(03): 225-243
DOI: 10.1055/a-2115-0370
Endodontologie

Der Spülunfall – eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation in der Endodontie

Eva Magni
,
Roland Weiger
,
Thomas Connert

Eine selten auftretende Komplikation bei der Wurzelkanalbehandlung ist der sogenannte Spülunfall. Hierbei gelangt Natriumhypochlorit während der Wurzelkanalspülung in das periapikale Gewebe und kann eine ausgeprägte Symptomatik hervorrufen. Ein Spülunfall wird als äußerst belastende Situation für alle Beteiligten beschrieben. Dieser Artikel beschreibt mögliche Ursachen, die Prävention und schließlich die therapeutischen Ansätze bei einem Spülunfall.

Kernaussagen
  • Natriumhypochlorit ist aufgrund seiner gewebsauflösenden und antimikrobiellen Wirkung seit geraumer Zeit das Spülmedium der Wahl. Verbreitet sind Konzentrationen von 1–5,25%, wobei eine überlegene Wirkung von höher konzentriertem Natriumhypochlorit nicht erwiesen ist.

  • Bei einem Spülunfall, der Überpressung von Natriumhypochlorit aus dem Wurzelkanal, kann das Natriumhypochlorit im periradikulären Gewebe zytotoxisch wirken und einen erheblichen Schaden anrichten. Spülunfälle treten jedoch sehr selten auf.

  • Symptome eines Spülunfalls sind Ödeme, starke Schmerzen, Ekchymosen, eine profuse Blutung aus dem Wurzelkanal, Nekrosen, Ulzerationen und Parästhesien. Selten treten lebensbedrohliche Symptome auf. Die Symptome sind häufig über Tage bis Wochen, neuronale Beschädigungen gar Monate bis Jahre persistent. Eine gemäßigte Symptomatik ist bei Beteiligung des Sinus zu beobachten.

  • Spülunfälle treten gehäuft bei weiblichen Patientinnen, im Oberkiefer und bei vorhandener Pulpanekrose mit oder ohne apikale Aufhellung auf. Spülunfälle gilt es zu verhindern, indem die Arbeitslänge sorgfältig bestimmt und eingehalten wird, exzessive Stempeldrücke und ein Verkeilen der Spülkanüle verhindert und seitlich geöffnete Kanülen verwendet werden. Bei der Wurzelkanalbehandlung von wurzelunreifen Zähnen soll unter Berücksichtigung der genannten Aspekte nicht auf die Spülung mittels Natriumhypochlorit verzichtet werden.

  • Aufklärung, Dokumentation und Monitoring stellen einen wichtigen Pfeiler der Therapie eines Spülunfalls dar. Symptome werden mittels Analgesie, gegebenenfalls Antibiotikagabe und Kühlbeuteln gelindert. Bei ausgeprägter oder progredienter Symptomatik muss eine Hospitalisation erfolgen.



Publication History

Article published online:
07 September 2023

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