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DOI: 10.1055/a-2106-0341
Walter H, Haaf R, Köhler S. Therapiemöglichkeiten der Depression nach Non-Response
Nervenheilkunde 2023; 42 (7): 419–429
Wir danken den Herausgebern und Autoren für den insgesamt gut recherchierten und auf dem Hintergrund der deutschen Leitlinie (LL) zur unipolaren Depression verfassten Artikel. Die Anlehnung an die LL führt leider auch zu einer bedauerlichen speziellen Ausblendung bei der Diskussion “… weiterer Therapieoptionen sowie Basismaßnahmen jenseits der Standardtherapien ….“ Dies betrifft die inzwischen doch recht starke Evidenz der antidepressiven Wirksamkeit manueller Therapieverfahren und insbesondere verschiedener Formen der Massage, mit der sich unsere Arbeitsgruppe seit vielen Jahren theoretisch und empirisch-klinisch beschäftigt [1] und die z. B. in einem neuen Buch zur therapieresistenten Depression ihren positiven Niederschlag gefunden hat [2]. Uns leitet dabei eine Konzeption von Depression, die diese im Sinne von Merleau-Ponty, v. Gebsattel, Tellenbach, Fuchs u. a. [3], [4] primär als eine Leibkrankheit ansieht. Auf diesem Hintergrund werden die vielfachen somatischen Erscheinungsweisen der Depression, wie sie z. B. die Psychoanalytikerin und Körpertherapeutin Helga Pohl eindrucksvoll beschrieben und daraus eine spezifische Körpertherapie abgeleitet hat, bedeutsam [5], auch im Rahmen des Embodiment-Konzepts [6] und der vielfach diskutierten theoretischen und praktischen Ansätze , welche die Depression primär als eine Störung interozeptiver Prozesse ansehen [7]. Der klinische Psychologe Moyer kam schon 2004 in einem Literaturreview zum Ergebnis, dass sich aus den seinerzeit vorhandenen Massagestudien bei Depression und Angsterkrankungen eine Effektstärke ergibt, die der von Psychotherapie vergleichbar ist [8]. In einem systematischen Literaturreview haben wir alle zwischen 1995 und 2011 publizierten kontrollierten Studien sorgfältig analysiert und kamen zum Ergebnis, dass sich in ihrer Mehrheit eine eindeutige antidepressive Wirksamkeit verschiedener Massagetherapien ergibt, wie es auch aus den zahlreichen Studien von Tiffany Field, Leiterin des Touch Research Institute in den USA schon hervorging [9]. Neben unserer eigenen kontrollierten Studie [10] sind inzwischen in Deutschland 2 weitere kontrollierte Studien erschienen, die allesamt auf der Anwendung psychoaktiver Massagen mit dem Schwerpunkt „affective touch“ beruhen und jeweils eine statistisch signifikante Überlegenheit der Massagetherapie gegenüber geeigneten Kontrollbedingungen überzeugend gezeigt haben. Die besonderen Eigenschaften des affective touch sind inzwischen vielfach neurophysiologisch und psychologisch untersucht worden, dies ist der wissenschaftliche Schwerpunkt z. B. der IASAT (International Association for the Study of Affective Touch). Es mag eingewandt werden, dass die meisten dieser Studien nicht an therapieresistenten Depressiven durchgeführt wurden, was aber für einen Teil, der im besagten Artikel aufgeführten komplementärmedizinischen Alternativen auch gelten mag. Dies sollte uns jedoch angesichts des oft großen Leids, das therapieresistente Depressive zu ertragen haben, nicht davon abhalten einen Therapieversuch mit einem berührungsmedizinischen Verfahren, das seine antidepressive und wissenschaftlich begründbare Wirksamkeit längst unter Beweis gestellt hat, zu initiieren. Es ist schon früher aufgefallen, dass depressive Patienten, wenn sie in ihrer Verzweiflung alternativen Verfahren sich zuwenden, dabei insbesondere Massagen präferieren [11].
Univ.-Prof. em. Dr. med. Bruno Müller-Oerlinghausen, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin Michael Eggart, Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin
Publication History
Article published online:
13 December 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
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- 3 Fuchs T. Depression, intercorporeality, and interaffectivity. Journal of Consciousness Studies 2013; 20: 219-238
- 4 Fuchs T. Leib, Raum, Person. Entwurf einer phänomenologischen Anthropologie. 2. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta; 2018
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- 6 Storch M. et al Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen. 3. Aufl. Bern: Hogrefe; 2017
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- 8 Moyer CA, Rounds J, Hannum JW. A meta-analysis of massage therapy research. Psychol Bull 2004; 130: 3-18
- 9 Baumgart S, Müller-Oerlinghausen B, Schendera CF. Wirksamkeit der Massagetherapie bei Depression und Angsterkrankungen sowie bei Depressivität und Angst als Komorbidität – Eine systematische Übersicht kontrollierter Studien. Phys Med Rehab Kuror 2011; 21: 167-182
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- 11 Wu P. et al Use of complementary and alternative medicine among women with depression: results of a national survey. Psychiatr Serv 2007; 58: 349-356
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