Transfusionsmedizin 2023; 13(03): 116
DOI: 10.1055/a-2105-1708
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Kommentar

Daten aus Beobachtungsstudien werden häufig eingesetzt, um wissenschaftliche Hypothesen abzuleiten, die dann in prospektiven und ggf. auch kontrollierten Studien überprüft werden. Immer wieder führen aber Daten aus hochrangig publizierten retrospektiven Beobachtungsstudien zu falschen Ergebnissen im Sinne des Erkennens von kausalen Zusammenhängen. 2008 etwa publizierten Koch et al. die Daten ihrer Beobachtungsstudie, in der herzchirurgische Patienten, die mit länger gelagerten Erythrozyten-Konzentraten (EK) transfundiert wurden, eine höhere Mortalität auswiesen als solche Patienten, bei denen kürzer gelagerte EK transfundiert wurden [1]. Mehr als 20 Jahre Forschung mit Durchführung mehrerer prospektiver und kontrollierter Studien inklusive des INFORM Trial waren erforderlich, um die falsche Schlussfolgerung einer erhöhten Mortalität durch die Transfusion länger gelagerter EK zu widerlegen [2].

Aus Daten von Beobachtungsstudien wurde zuletzt auch die Hypothese abgeleitet, dass ein Geschlechter-Mismatch von EK-Spendern und -Empfängern mit einer erhöhten Mortalität dieser Patienten assoziiert sein könnte. Die prospektiv-randomisierte Überprüfung einer solchen Hypothese ist zeitlich sehr aufwändig und damit kostenintensiv. In der Studie des Canadian Blood Service, in der bereits vorliegende Behandlungsdaten aus Kliniken und öffentlichen Registern miteinander verknüpft wurden, konnte nun aber sehr elegant nachgewiesen werden, dass es keinen Zusammenhang zwischen einem Geschlechter-Mismatch von EK-Spendern und EK-Empfängern und einer erhöhten Patienten-Mortalität gibt. Somit lässt sich auch kein Unterschied in der Mortalität von Patienten erkennen, die mit EK von männlichen oder weiblichen Spendern versorgt wurden, was im gegenteiligen Fall erhebliche Auswirkungen auf die Blutversorgung gehabt hätte.



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Article published online:
17 August 2023

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