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DOI: 10.1055/a-2094-3129
Intoxikationen und Entzugssyndrome in der Notaufnahme
Der Konsum psychotroper Substanzen hat in vielen Kulturen seit Jahrtausenden Tradition [1] [2]. Die Suche nach kontrolliertem Rausch gilt in vielerlei Hinsicht als akzeptabel. Je nach Substanz und Konsumpraxis kann es bei vielen Substanzen jedoch zu gefährlichen Intoxikationen, schädlichem Konsum und Abhängigkeitsentwicklung kommen, die in der Notaufnahme eine hohe Relevanz haben.
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Die Kenntnis der beim Konsum von psychotropen Substanzen auftretenden Intoxikations- und Entzugssyndrome ist in der Notaufnahme unerlässlich.
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Intoxikationen sind ein häufiger Anlass für die Vorstellung in der Notaufnahme. Sie können vital bedrohlich sein und verzögert auftreten.
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Entzugssyndrome sind per se keine Notfälle, die Komplikationen der Entzugssyndrome von Alkohol, Benzodiazepinen und GHB/GBL können jedoch lebensbedrohlich sein.
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Patienten mit Mischkonsum und/oder Abhängigkeit von mehreren psychotropen Substanzen können sich mit Überlagerungen verschiedener Intoxikations- und Entzugssyndromen vorstellen, die zu einer komplexen Symptomatik führen.
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Konsumenten von GHB oder GBL sind im Entzug vital bedroht und benötigen fast immer intensivmedizinische Versorgung.
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Bei Patienten mit substanzbezogenen Störungen sind in der Notaufnahme auch Folgeerkrankungen des Suchtmittelkonsums und die Dekompensation vorbestehender Erkrankungen sowie Unfallfolgen zu bedenken.
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Das Vorhalten von Informationen zum Suchthilfesystem in der Notaufnahme ist sinnvoll.
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Opiatabhängige, die sich mit einem Entzugssyndrom in der Notaufnahme vorstellen, sollten keine Opioide erhalten, sondern Informationen über das Suchthilfesystem. Opiatabhängigen, die wegen einer anderen Erkrankung in der Notaufnahme bleiben oder stationär aufgenommen werden müssen, sollte eine Behandlung ihres Entzugssyndroms mit Opioiden angeboten werden.
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Abhängigkeitskranke leiden an einer schweren psychischen Erkrankung. Sie benötigen eine sorgfältige Diagnostik und Behandlung ihrer oft komplexen gesundheitlichen Probleme. Sie profitieren in besonderem Maße von respektvollem Umgang und freundlicher Professionalität.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
05. Juli 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Horton D. The functions of alcohol in primitive societies: a cross-cultural study. Q J Stud Alcohol 1943; 4: 199-320
- 2 Crocq MA. History of cannabis and the endocannabinoid system. Dialogues Clin Neurosci 2020; 22: 223-228 DOI: 10.31887/DCNS.2020.22.3/mcrocq. (PMID: 33162765)
- 3 Backmund M. Diagnostik der Drogenabhängigkeit. Internist 1999; 40: 597-600 DOI: 10.1007/s001080050375. (PMID: 10420311)
- 4 Murphy GE, Wetzel RD. The lifetime risk of suicide in alcoholism. Arch Gen Psychiatry 1990; 47: 383-392 DOI: 10.1001/archpsyc.1990.01810160083012. (PMID: 2181963)
- 5 Inskip HM, Harris EC, Barraclough B. Lifetime risk of suicide for affective disorder, alcoholism and schizophrenia. Br J Psychiatry 1998; 172: 35-37 DOI: 10.1192/bjp.172.1.35. (PMID: 9534829)
- 6 Laux G, Berzewski H. Notfallpsychiatrie. In: Möller HJ, Laux G, Kapfhammer HP. Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. 2011. Berlin: Springer; DOI: 10.1007/978-3-642-03637-8_82
- 7 Wojnar M, Ilgen MA, Czyz E. et al. Impulsive and non-impulsive suicide attempts in patients treated for alcohol dependence. J Affect Disord 2009; 115: 131-139 DOI: 10.1016/j.jad.2008.09.001.
- 8 Bronisch T, Hegerl U. Suizidalität. In: Möller H-J, Laux G, Kapfhammer HP. Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Bd. 2. Berlin: Springer; 2011: 1469-1502
- 9 Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). ICD-10-WHO Version 2016. Kap. V: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen. Akute Intoxikation [akuter Rausch]. Zugriff am 04. April 2024 unter: https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2016/block-f10-f19.htm