Aktuelle Urol 2023; 54(04): 262-264
DOI: 10.1055/a-2060-4417
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Radikale Prostatektomiebeim oligometastasierten Prostatakarzinom

Contributor(s):
Matthias Jahnen
1   Klinik und Poliklinik für Urologie, Technische Universität München, Universitätsklinikum rechts der Isar, München, Deutschland
,
Matthias Heck
1   Klinik und Poliklinik für Urologie, Technische Universität München, Universitätsklinikum rechts der Isar, München, Deutschland
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Daten der STAMPEDE-Studie haben gezeigt, dass eine lokale Strahlentherapie des Primärtumors bei Patienten mit primär metastasiertem Prostatakarzinom und niedriger Tumorlast („low volume“) zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führt [1]. Basierend auf diesen Ergebnissen hat sich eine zusätzliche Behandlung des Primärtumors im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzepts in vielen Zentren bei solchen Patienten als Standard etabliert. Als Alternative zur Strahlentherapie wird die operative Therapie des Primärtumors im klinischen Alltag v.a. bei Miktionsbeschwerden diskutiert. Jedoch gibt es bisher keine qualitativ hochwertigen, im Rahmen einer randomisierten Studie generierten Daten, die zeigen konnten, dass eine radikale Prostatektomie bei Patienten mit einer metastasierten Prostatakarzinomerkrankung ebenfalls zu einem Überlebensvorteil führt. Im Verlauf der letzten Jahre wurden bisher nur Fallserien und retrospektive Analysen, die solch ein operatives Vorgehen untersuchten, veröffentlicht. Die meisten konnten eine gute Machbarkeit dieses Vorgehens und Ergebnisse, die mit den Ergebnissen der STAMPEDE-Studie vergleichbar sind, zeigen [2] [3] [4]. Aufgrund des zweifellos existierenden Selektionsbias innerhalb dieser Analysen ist es aber nicht möglich, aus diesen Daten eine allgemeine Empfehlung abzuleiten. Der Grund für das Fehlen von mehr belastbaren Daten ist die schwierige Rekrutierung und adäquate Randomisierung für eine chirurgische Studie, die den Therapiestandard mit einer zusätzlichen Prostatektomie bei Patienten mit einer metastasierten Prostatakarzinomerkrankung im hormonsensitiven Stadium mit niedriger Tumorlast vergleicht. Nichtsdestotrotz sind inklusive des TRoMbone-Trials innerhalb der letzten 5 Jahre neun prospektive Studien, die die Rolle einer Therapie des Primärtumors bei Patienten mit (oligo-)metastasiertem Prostatakarzinom untersuchen, initiiert worden [5]. Bisher hat aber bis auf den TRoMbone-Trial keine dieser Studien ihre Rekrutierungsziele (z.B. g-RAMPP) bzw. das geplante Follow-up erreichen können, sodass zum aktuellen Zeitpunkt keine publizierten Ergebnisse bezüglich relevanter onkologischer Endpunkte vorliegen. Daher sind die Ergebnisse des TRoMbone-Trials, die zeigen, dass die Durchführung solch einer prospektiven chirurgischen Studie effektiv möglich ist, ein wichtiger erster Schritt. Aufbauend auf dieser Vorstudie ist es das Ziel der Autoren nun ein größeres Patientenkollektiv zu rekrutieren, um den Effekt einer zytoreduktiven radikalen Prostatektomie hinsichtlich onkologischer Endpunkte zu untersuchen. Die Erfahrungen, die die Autoren bisher sammeln konnten, zeigen, dass für die effektive Umsetzung dieses Vorhabens ein multizentrisches Konzept mit hohem Rekrutierungseinsatz und kontinuierlicher Evaluation des Rekrutierungsprozesses mittels QRIs (QuinteT Recruitment Interventions) notwendig ist. Durch solch eine kontinuierliche Evaluation des Vorgehens in der Anfangsphase der Studie konnten die Autoren Barrieren im Studiendesign, die eine effektive Rekrutierung verhindern, feststellen. Einer dieser Faktoren ist die Variabilität der möglichen „induktiven“ Systemtherapie vor zytoreduktiver Prostatektomie. Für die Systemtherapie bei Männern mit metastasiertem Prostatakarzinom im hormonsensitiven Stadium stehen mittlerweile multiple Therapieoptionen zur Verfügung. Die Einschlusskriterien des TRoMbone-Trials ermöglichten eine Studienteilnahme unabhängig von der initialen Systemtherapie und wurden im Verlauf zusätzlich erweitert, um dem gültigen klinischen Standard und Zulassungsstatus der Systemtherapien gerecht zu werden. Dadurch wurde der maximale Zeitraum seit Beginn einer Androgendeprivationstherapie vor radikaler Prostatektomie von drei Monaten auf zwölf Monate erhöht. Solch ein Schritt, der mehr Spielraum in der Art der „induktiven“ Systemtherapie vor radikaler Prostatektomie ermöglicht, wird auch künftig wichtig sein, um eine effektive Rekrutierung zu ermöglichen. Dies wird aber automatisch auch zu einer zusätzlichen Heterogenität der Daten führen und es erschweren trotz prospektiver Daten zukünftig einen Standard of Care zu definieren.



Publication History

Article published online:
04 August 2023

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