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DOI: 10.1055/a-2032-4837
„Ethik der Partizipation in Gesundheitsforschung und Biopolitik“
Gesundheitswissenschaftliche Forschung und Technologieentwicklung werden zunehmend partizipativ gestaltet, d. h. Patient*innen, Patient*innenvertretende sowie weitere Betroffene wirken aktiv an den jeweiligen Zielen, Methoden und Inhalten mit. Beteiligung soll Forschungs- und Innovationsprozesse demokratisieren und um lebensweltliches Erfahrungswissen bereichern, wodurch den Bedürfnissen und Interessen von Patient*innen, Stakeholdern und der Gesellschaft insgesamt besser entsprochen werden soll. Daneben können die Beteiligten in ihrer Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit gestärkt werden. Insofern sind Beteiligungsbestrebungen oft ethisch motiviert und erzeugen in vielerlei Hinsicht Mehrwert. Inwiefern bedarf es also einer Ethik der Partizipation und was kann man sich darunter vorstellen?
Die Bemühungen um Partizipation haben eine große Vielfalt an Formaten hervorgebracht, aber auch zu Formen der Scheinbeteiligung geführt. Häufig bleibt unklar, wie sich Beteiligungsprozesse sinnvoll und ethisch angemessen ausgestalten und auf Basis welcher Kriterien sie sich ethisch evaluieren lassen. Das Symposium „Ethik der Partizipation in Gesundheitsforschung und Biopolitik“, das vom 2.-4. November 2022 in Hannover stattfand, widmete sich den Gelingensbedingungen und ethischen Dimensionen von Partizipation in Gesundheitsforschung und der Entwicklung und Regulierung von Genome Editing und Digitaltechnologien (KI und Robotik). Dabei wurden nicht nur Brücken zwischen diesen drei Bereichen geschlagen, sondern auch zwischen Theorie und Praxis. Circa 40 Teilnehmende aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, Patient*innenvertretende und Mitglieder von Forschungsförderungsorganisationen diskutierten in einem abwechslungsreichen Programm theoretische Grundlagen sowie konkrete Erfahrungen aus Partizipationsprojekten, wie z. B. Schwierigkeiten im Umgang mit Macht- und Wissensgefällen. Zudem wurden gemeinsam Orientierungspunkte für eine verantwortungsvolle Umsetzung von Partizipationsprojekten erarbeitet.
Über Keynote-Vorträge, Workshops, ein World Café und Diskussionsrunden hinweg wurde deutlich, dass Partizipation ein sozialer Prozess ist, der Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Wissensbeständen sowie Erwartungen miteinander in Beziehungen bringt. Dies erfordert von allen Beteiligten Reflexion, Offenheit und Flexibilität, aber auch Empathie, Selbstbewusstsein und Mut. Zudem bedarf es der nötigen Ressourcen und Räume, um anspruchsvolle Partizipationsprojekte zu realisieren. Lehrinhalte über Partizipation, Vernetzungen diverser gesellschaftlicher Akteure und das stete Reflektieren über die eigenen Rollen und Verantwortlichkeiten tragen ebenfalls zum Gelingen guter Partizipation bei - nicht nur in der Forschung. Denn Beteiligung ist in allen Lebensbereichen ein Mittel, die Selbstbestimmung der Menschen und damit die Demokratisierung zu stärken. Insofern liegen wesentliche Ansatzpunkte einer möglichen Transformation gesellschaftlicher Verhältnisse in den Menschen selbst. Es bedarf jedoch auch der Umgestaltung gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Strukturen und Machtverhältnisse, um Ungleichheiten und Ausgrenzungen abzubauen und so Bedingungen für gelingende Partizipation zu schaffen.
Das Symposium wurde von Dr. Corinna Klingler und Prof. Dr. Robert Ranisch, Juniorprofessur für Medizinische Ethik mit Schwerpunkt auf Digitalisierung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg, konzipiert und ausgerichtet. Die Veranstaltung wurde durch die VolkswagenStiftung gefördert und fand im Rahmen von deren Themenwoche „Wissenschaftsethik“ statt. Eine Buchpublikation (open access, Anfang 2024) soll die Ergebnisse auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
Vollständiges Programm des Symposiums: https://www.fgw-brandenburg.de/wp-content/uploads/2022/11/Programm_Ethik-Partizipation_END.pdf
Publication History
Article published online:
12 May 2023
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