pferde spiegel 2023; 26(02): 59
DOI: 10.1055/a-2011-8796
Editorial

Schwierige Besitzer und Unternehmer-Tierärzte

Maria Fugazzola

Unsere Entscheidung, das Pferd als Patient gewählt zu haben, haben wir sicher alle schon einmal infrage gestellt. Und doch ziehen uns diese mächtigen und zugleich filigranen Tiere mit ihrem facettenreichen Charakter immer wieder in ihren Bann. Wir versuchen, als Tierärzte täglich besser zu werden und grübeln nächtelang, welche Diagnose die richtige oder welche die beste Therapieoption ist. Alles sehr leidenschaftlich und engagiert …, wenn da nicht die Pferdebesitzer wären.

In der letzten Zeit beklagen sich besonders viele Kollegen über ihre Kunden, Tendenz steigend. Dabei ist es bemerkenswert, wie gut Besitzer inzwischen „vorbereitet“ sind – meistens durch Dr. Google. Wobei wir uns selbst dabei ertappen können, wie wir dort schnell etwas nachschauen. Aber die Frage ist ja, wer mit welchen Informationen etwas anfangen kann. Dieselbe Information in den Händen eines Pferdebesitzers oder eines Tierarztes kann ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen bringen. Hinzu kommt, dass jeder nach dem sucht, was er finden möchte. Da hilft uns die Google-Suche unserer Kunden nicht, denn das Angebot an „Lösungen“, Diagnosen und Therapien ist endlos. Nicht selten kommt ein Kunde mit der Bitte zu uns, ein Röntgenbild zu machen. Er denkt also zu wissen, was das Problem ist, und will es nur bestätigt sehen. Schlägt man dann eine klinische Untersuchung vor, hat der Besitzer sofort das Gefühl, man wolle ihm tiefer in die Tasche greifen. Dass es letztendlich darauf hinausläuft, weil man eben immer zunächst eine Untersuchung macht und die gewünschten (oft überflüssigen) Röntgenbilder obendrauf kommen, leuchtet den meisten erst später ein.

Wobei, Moment mal, sind solche Kunden nicht eher willkommen? Könnte man alles bisher Gesagte einmal umdrehen? Denn ein Teil unserer Kollegen hat sich immer stärker zu Unternehmern entwickelt, was dem Ansehen der Tierärzte geschadet haben könnte. Denn wer als Besitzer zu oft beim „Unternehmer Tierarzt“ landet und Leistungen und Produkte verkauft bekommt, wird irgendwann realisieren, dass diese medizinisch gar nicht indiziert waren. Der Kunde wird sich somit beim nächsten Besuch vorab informieren, welche Untersuchungen nötig sind. Das Unwissen der Pferdebesitzer auszunutzen, um möglichst viel Profit zu machen, hilft unserem Berufsbild nicht. Vielleicht wird die lange fällige Novellierung der GOT einen positiven Beitrag bringen. Denn nur wenn die medizinisch indizierten Leistungen fair bezahlt werden, kann man es bei diesen belassen und unseren Job leidenschaftlich und ehrlich ausführen.

Ihre Maria Fugazzola



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
21. Juni 2023

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