PSYCH up2date 2023; 17(02): 87-88
DOI: 10.1055/a-1981-8951
Editorial

Der Start für eine DZPG-Academy

Stephan Zipfel
1   Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
,
Andreas J. Fallgatter
2   Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
,
Jörg Fegert
3   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie
,
Ulrike Hoffmann
3   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie
,
Anne Herrmann-Werner
1   Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
4   Medizinische Fakultät Tübingen, Tuebingen Institute for Medical Education
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Das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) [1] soll nach einem aufwendigen internationalen Begutachtungsprozess im Frühjahr 2023 starten. Aufgrund von notwendigen Absprachen, die noch zwischen Bund und den Ländern abschließend verhandelt werden müssen, wird die DZPG-Initiative zunächst erst einmal über zwei Jahre als Projektförderung erfolgen, bevor sich dann direkt die Strukturförderung anschließen soll. Insgesamt sind 6 Standorte und Konsortien beteiligt, die über ganz Deutschland reichen. Der Standort Tübingen hat sich, unterstützt durch den Partner Ulm, aufgrund einer langjährigen Expertise, auch basierend auf der frühen Förderung eines Kompetenznetz Lehre in der Medizin in Baden-Württemberg durch das MWK Baden-Württemberg im Bereich der Bildungsforschung [2] [3] [4] [5], unter anderem mit einem Konzept für eine DZPG-Academy eingebracht. Im Folgenden möchten wir einen kurzen Einblick über die derzeitigen Planungen und Überlegungen, insbesondere in den ersten beiden Jahren geben.

Warum braucht es eine Academy? Zur Verknüpfung der jeweiligen Akteure am Standort und zukünftig dann auch im Gesamtnetz ist es zwingend erforderlich, ergänzend zu den Forschungsprojekten und gemeinsamen Forschungsinfrastrukturen, die Expertise verschiedener Gruppen zusammenzubringen. Dabei geht es um den Austausch der Expertise und Perspektive jüngerer und erfahrener ForscherInnen und KlinikerInnen aus einem breiten Spektrum von Disziplinen der bio-psycho-sozialen Medizin [6], sowie der partizipativen Mitgestaltung und Einbindung von Angehörigen und Betroffenen unter dem Konzept des „patient participation and involvement PPI“. Darüber hinaus sollen die Erkenntnisse und Initiativen des DZPGs auch eine Plattform für weitere PartnerInnen in der Region und in der Allgemeinbevölkerung bieten. Dafür ist auch eine Disseminationsstrategie notwendig, so dass Ergebnisse aus dem Translationszyklus tatsächlich der Praxis und den Betroffenen bei der Versorgung zugutekommen. Aus-, Fort- und Weiterbildung dienen somit auch der Schaffung einer gemeinsamen Sprache.

Aufgrund einer umschriebenen Anschubförderung soll in der ersten Projektphase schwerpunktmäßig mit dem Aufbau der technischen (IT) und inhaltlichen (Content) Struktur für die DZPG-Academy an den Standorten Tübingen und Ulm, mit der Perspektive der Einbindung aller DZPG-Standorte begonnen werden. Dabei soll die Academy zunächst in den folgenden drei Bereichen entwickelt werden: (1.) Educate, (2.) Share und (3.) Inform. Für die breite Partizipation der unterschiedlichen AkteurInnen, werden wir für die DZPG-Academy zunächst am Standort Tübingen, eine Redaktions- und Steuerungsgruppe einrichten, die die erforderliche Breite und Expertise abbildet. Im Folgenden werden wir kurz die drei Bereiche skizieren, wie sie in der Projektförderphase geplant sind:

  1. Educate: In dieser ersten konzeptionellen Projektphase soll eine grundlegende Academy-Struktur mit zunächst Fokus auf den Themenbereich „Early recognition, intervention and prevention“ entwickelt werden. Hierfür wird in Zusammenarbeit mit der CoMMT (Core Facility Medientechnik Medizin Tübingen) eine Server-basierte Plattform implementiert, auf welcher Fort-/Weiterbildungsinhalte für Wissenschaftler-KlinikerInnen eingebettet werden. Diese Formate sollen gemeinsam mit dem TIME (Tübingen Institute for Medical Education) in ein abgestimmtes und strukturiertes didaktisches Konzept gegossen werden. Außerdem werden wir gemeinsam mit dem Young-DZPG ein Mentoring-Programm entwickeln, dass neben einem fachlichen Mentoring auch Module zur Karriereentwicklung und Leadership umfassen soll. Gleichzeitig wird am Standort Ulm des Verbundes ZIHUb ein erstes exemplarisches E-Learning-Programm unterstützt durch AutorInnen aus allen DZPG Standorten zum Thema „Frühe Kindheitsbelastungen“ entwickelt und erprobt werden.

  2. Share: In diesem Bereich sollen Initiativen gebündelt werden, die den Austausch von Know-How unterstützen. Dieser kann durch Webinare oder Lab-Rotations erfolgen. Hierzu wird eine digitale Plattform angeboten, über die ein Austausch und eine Forschungsvernetzung innerhalb des Tübinger Standortes und perspektivisch auch innerhalb des Gesamtnetzes erfolgen soll – außerdem sollen „short-term lab-visits“ ermöglicht werden. Am Standort Ulm wird das im Rahmen des Kompetenznetz Präventionsmedizin Baden-Württemberg entwickelte Basisprogramm „BASE“ für Primärversorgende zu Themen Stigma, heikle psychische Probleme in der Alltagspraxis – wie spreche ich diese an – fortgeführt und allen lokalen Kooperationspartner der DZPGs über die gemeinsame Academy-Webseite zur Verfügung gestellt.

  3. Inform: Der „Inform-Kanal“ der DZPG-Academy soll mit einer professionellen social-media unterstützten Plattform und Kampagne, Initiativen der Academy am Standort Tübingen und perspektivisch im gesamten Netzwerk über einen Newskanal prominent nach innen und außen sichtbar machen. Neben der Vernetzung der DZPG-Mitglieder aller Statusgruppen, soll dieser Kanal auch eine Transparenz der DZPG-Aktivitäten in die Gesellschaft ermöglichen und bspw. auch als Informationsplattform zur Teilnahme und Beteiligung für Betroffene- und Angehörige ausgebaut werden. Auch über den bereits etablierten „Dazugehören-Newsletter“ (Webseite: https://dazugehoeren.info), der knapp 6000 Fachkräfte im Bereich der psychosozialen Versorgung deutschlandweit erreicht, soll regelmäßig über die Entwicklung des DZPG und der Academy informiert werden. Die Abonnenten dieses Newsletters rekrutieren sich im Wesentlichen aus den über 50000 erfolgreichen AbsolventInnen eines oder mehrerer E-Learning-Programme der Ulmer Arbeitsgruppe.



Publication History

Article published online:
07 March 2023

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  • Literatur

  • 1 Meyer-Lindenberg A, Falkai P, Fallgatter AJ. et al. The Future German Center of Mental Health/Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG): a model for the co-creation of a national translational research structure. Nature Mental Health (in press)
  • 2 Herrmann-Werner A, Erschens R, Zipfel S. Where there are challenges, there are opportunities: An undergraduate medical studentsʼ teaching concept for mental health in times of COVID-19. PLoS One 2022; 17: e0277525 DOI: 10.1371/journal.pone.0277525. (PMID: 36355852)
  • 3 König E, Maier A, Fegert JM. et al. Development and randomized controlled trial evaluation of E-learning trainings for professionals. Arch Public Health 2020; 78: 122 DOI: 10.1186/s13690-020-00465-4. (PMID: 33292622)
  • 4 Fegert JM, Obertacke U, Resch F. et al. Medizinstudium – Die Qualität der Lehre nicht dem Zufall überlassen. Deutsches Ärzteblatt 2009; 106: 290-291 DOI: 10.3238/arztebl.2018.0023. (PMID: 29366448)
  • 5 Degen L, Göbel J, Minder K. et al. IMPROVEjob Research Cooperation; Weltermann BM. Leadership program with skills training for general practitioners was highly accepted without improving job satisfaction: the cluster randomized IMPROVEjob study. Sci Rep 2022; 12: 17869 DOI: 10.1038/s41598-022-22357-z.
  • 6 Zipfel S, Löwe B, Giel K. et al. Implementing the Biopsychosocial Model in Clinical Medicine. Psychother Psychosom 2023; 92: 21-26 DOI: 10.1159/000528451. (PMID: 36566743)