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DOI: 10.1055/a-1970-4211
Antwort auf Leserbrief von Jochen Schomacher zu: Mohokum M, Dieterich AV. Betriebliche Gesundheitsförderung – ein wichtiges Arbeitsfeld, das physiotherapeutische Kompetenz erfordert. MSK - Muskuloskelettale Physiotherapie 2022; 26: 157–163
Lieber Jochen,
vielen Dank für das Anstoßen einer Diskussion zu unserem Beitrag. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und Prävention sind effektiv. Effektivität wird im betrieblichen Bereich, in dem der Arbeitgeber in Gesundheitsförderung investiert, zuerst ökonomisch ausgedrückt. Der iga.Report 28 zu „Wirksamkeit und Nutzen arbeitsweltbezogener Gesundheitsförderung und Prävention, Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz “ bezifferte den durchschnittlichen Return-on-Investment auf 2,7 [1], was im iga.Report 40, der den Zeitraum 2012 bis 2018 umfasst, bestätigt wurde [2]. Es scheint sich also zu lohnen, genau dort tätig zu werden, wo die Probleme auftreten.
Braucht es dafür Physiotherapeut*innen? Ja, AUCH Physiotherapeut*innen, neben anderen Expert*innen. Bewegungsexpertise UND ein biopsychosoziales Verständnis von Gesundheit sind wichtig. Ich stimme Dir zu, dass es keine Physiotherapeut*innen braucht, um die Umsetzung von DIN-Normen zu prüfen. Im Gegenteil könnte dies sogar einen Konflikt mit den betriebsinternen Beauftragten für Arbeitssicherheit auslösen. Aber, um belastende und zumeist repetitive Arbeit weitergehend zu beurteilen, soziale und andere Stressfaktoren in die Beurteilung muskuloskelettaler Belastungen einzubeziehen, ist m. E. die physiotherapeutische Kompetenz der Haltungs- und Bewegungsanalyse, der individuellen Beratung und Lösungserarbeitung wertvoll. Gerade unser Fokus auf Dynamik ergänzt die meist statischen Beschreibungen der DIN-Normen. Hierbei geht es nicht darum, dass wir per se besser wüssten, wie eine Arbeitsanforderung motorisch zu bewältigen sei. Es geht häufig um kleine Verhaltensänderungen, wie z. B. etwas mehr Gehen im Arbeitsalltag, etwas vielfältigere körperliche Aktivität, kleine Umstrukturierungen von Arbeitsprozessen, gemeinsame Lösungserarbeitung mit Betroffenen im Rahmen vorgegebener Bedingungen, Änderungsmöglichkeiten und Motivationen. Auch Empfehlungen für Bedingungsveränderungen (Verhältnisprävention) können angezeigt sein, z. B. unterstützt die Evidenz den Gebrauch von Sitz-Steh-Tischen, der die tägliche Sitzzeit um durchschnittlich 100 Minuten verringert [3].
Wenn wir jedoch als Physiotherapeut*innen in einem anderen als dem therapeutischen Sektor tätig werden, sollten wir den Aufbau des Sektors, die anderen im Team und die Struktur des Settings, in dem wir uns bei dieser Tätigkeit befinden, sowie die dort üblichen Fachtermini kennen, um uns professionell dort einordnen zu können. Unser Artikel ist daher als einführende Vorstellung des betrieblichen Arbeitssektors gedacht. Abschließend und ergänzend zu unserem Artikel möchte ich aus der Arbeit von Pieper et al. aus dem Jahr 2015 einige evidenzbasierte Empfehlungen zitieren [4]:
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Implementation of stretching exercise programs, vibration feedback on mouse use or workstation forearm supports […] if applicable to the work context.
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Implementation of workplace-based cognitive-behavioral and job-stress management programs to prevent and manage stress and mental disorders.
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Multi-component programs are to be preferred to single-component programs.
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A participative approach that engages employees, employers and management structures in communication and joint participation, appears to be an important success factor […].
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Dieterich
Publication History
Article published online:
07 December 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 iga. Initiative Gesundheit und Arbeit. Iga.. Report 28. Wirksamkeit und Nutzen arbeitsweltbezogener Gesundheitsförderung und Prävention. Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz für den Zeitraum 2006 bis 2012. Im Internet: Accessed October 30, 2022 at: https://bit.ly/3SUnBAC
- 2 iga. Initiative Gesundheit und Arbeit. Iga.. Report 40. Wirksamkeit und Nutzen arbeitsweltbezogener Gesundheitsförderung und Prävention. Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz für den Zeitraum 2012 bis 2018. Im Internet: Accessed October 30, 2022 at: https://bit.ly/3fkK8Zy
- 3 Chu AH, NG SHX, Tan CS. et al. A systematic review and meta-analysis of workplace intervention strategies to reduce sedentary time in white-collar workers. Obes Rev 2016; 17: 467-481 DOI: 10.1111/obr.12388.
- 4 Pieper C, Schröer S, Eilerts A-L. Evidence of Workplace Interventions – A Systematic Review of Systematic Reviews. Int J Environ Res Public Health 2019; 16: 3553 DOI: 10.3390/ijerph16193553.