MSK – Muskuloskelettale Physiotherapie 2022; 26(05): 222
DOI: 10.1055/a-1958-3543
Forschung kompakt

Erwartungen von Patient*innen können die Interpretation von Testergebnissen beeinflussen

Rezensent(en):
Arne Vielitz

Es ist bekannt, dass Erwartungen einen Einfluss auf das Therapieergebnis haben, die Auswirkungen von Patientenerwartungen auf klinische Tests wurden jedoch noch nicht untersucht. Daher ermittelten die Forschenden den Einfluss der Erwartungen auf Veränderungen der Schmerzwahrnehmung während des neurodynamischen Tests für den N. medianus (ULNT1).

Um den anatomischen Ursprung des Schmerzes genau zu kennen, induzierten sie bei 15 gesunden Teilnehmenden experimentell Muskelschmerzen. Alle erhielten identische Hintergrundinformationen zu der Biomechanik des N. medianus und der Differenzialdiagnostik über mechanische Belastung der schmerzhaften Strukturen und bekamen je nach Gruppenzuteilung zusätzliche Informationen über den Ursprung ihrer induzierten Schmerzen. Die Hälfte (n = 8) glaubte so richtigerweise, sie hätte „Muskelschmerzen“, und die andere Hälfte (n = 7) fälschlicherweise, sie hätte „Nervenschmerzen“.

Im Einklang mit ihren Erwartungen zeigte die „Muskelschmerz“-Gruppe während des gesamten neurodynamischen Tests keine Veränderung der Schmerzen. Im Gegensatz dazu nahmen die Schmerzintensität und die Größe des schmerzhaften Bereichs in der „Nervenschmerz“-Gruppe entsprechend ihren Erwartungen und dem Level der mechanischen Belastung zu oder ab, obwohl der Ursprung des experimentellen Schmerzes bei allen Teilnehmenden nozizeptiv war (Kochsalzlösung im Thenarmuskeln).

Die Forscher*innen schlussfolgern, dass die Schmerzwahrnehmung während eines klinischen Diagnosetests erheblich von der Schmerzerwartung beeinflusst werden kann.

Arne Vielitz



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
07. Dezember 2022

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