Aktuelle Kardiologie 2022; 11(06): 526-531
DOI: 10.1055/a-1954-8504
Kurzübersicht

Intrakranielle Blutungen unter oraler Antikoagulation

Leitlinienbasiertes hämostaseologisches ManagementManagement of Intracranial Haemorrhage during Oral Anticoagulation
Frank Stachulski
1   Klinik für Neurologie, Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN39541)
,
Florian Masuhr
1   Klinik für Neurologie, Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN39541)
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Zusammenfassung

Bei intrakraniellen Blutungen unter einer oralen Antikoagulation (OAK) mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) besteht innerhalb der ersten Stunden das Risiko einer frühen Hämatomexpansion mit konsekutiver klinischer Verschlechterung. Zur Antagonisierung der antikoagulatorischen Wirkung von VKA stehen die i. v. Gabe von Vitamin K (10 mg) sowie von Prothrombin-Komplex-Konzentrat (PPSB, mindestens 30 U/kgKG) zur Verfügung. Bei Blutung unter dem Thrombininhibitor Dabigatran kann die Gabe des humanisierten monoklonalen Antikörperfragments Idarucizumab (2 × 2,5 g i. v.) erwogen werden. Es bindet spezifisch und mit hoher Affinität an Dabigatran und unterbindet dessen antikoagulatorische Wirkung. Für die Antagonisierung der Faktor-Xa-Hemmer Apixaban und Rivaroxaban steht Andexanet alfa zur Verfügung. Dies ist ein rekombinant hergestellter und biologisch inaktiver Faktor Xa, der als Antidot Faktor-Xa-Hemmer unselektiv bindet und ihre Wirkung neutralisiert.

Abstract

Intracranial haemorrhage during treatment with vitamin K antagonists (VKAs) or direct oral anticoagulants carries the risk of early haematoma expansion within the first hours with consecutive clinical deterioration. Reversal of the anticoagulant effects of VKAs requires the intravenous application of vitamin K (10 mg) and prothrombin complex concentrate (at least 30 IU/kg). The humanised monoclonal antibody fragment Idarucizumab (2 × 2,5 mg i. v.) neutralises dabigatran activity completely within minutes. The recombinant modified human Factor Xa protein Andexanet alpha can reverse the anticoagulation effects of the Factor Xa inhibitors Apixaban and Rivaroxaban. It acts as a decoy to bind molecules that inhibit Factor Xa.

Was ist wichtig?
  • Die OAK-assoziierte intrakranielle Blutung (ICB) ist weiterhin die Komplikation mit der höchsten Morbidität und Mortalität.

  • Zur Antagonisierung werden in der Akutphase der VKA-assoziierten ICB Faktorenpräparate wie PPSB/PCC unter INR-Kontrollen (INR: International normalized Ratio) eingesetzt.

  • Bei der DOAK-assoziierten ICB unter Dabigatran steht daneben der Antikörper Idarucizumab zur Verfügung. Bei Einnahme der Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban und Apixaban kann alternativ zu den Faktorenpräparaten in der Frühphase nach der letzten Einnahme auch Andexanet alfa zur Anwendung kommen.

  • Antifibrinolytika wie Tranexamsäure besitzen gegenwärtig keinen Stellenwert. Neuartige Small Molecules befinden sich in der klinischen Prüfung.



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Article published online:
05 December 2022

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