Laryngorhinootologie 2023; 102(08): 578-584
DOI: 10.1055/a-1949-3296
Übersicht

Cannabis in der Onkologie – viel Rauch um nichts?

Cannabis in oncology – much ado about nothing?
Anton Burkhard-Meier
1   Klinikum Grosshadern: Klinikum der Universität München Standort Grosshadern, München, GERMANY (Ringgold ID: RIN124856)
,
Constanze Rémi
2   Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am Klinikum der LMU München, GERMANY
,
Lars H. Lindner
3   Medizinische Klinik und Poliklinik III am Klinikum der LMU München, GERMANY
,
Michael von Bergwelt-Baildon
3   Medizinische Klinik und Poliklinik III am Klinikum der LMU München, GERMANY
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Zusammenfassung

Die medizinische Verwendung von Cannabis hat in den letzten Jahren in Europa und Nordamerika an Popularität gewonnen. Cannabinoide sind sowohl als Fertigarzneimittel als auch in Blüten- und Extraktform verfügbar. Der vorliegende Artikel legt den Fokus auf die supportive Therapie onkologischer Patienten. Mögliche Indikationen sind Schmerzen, Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit und Geschmacksveränderungen. Trotz des enormen Hypes um Cannabis als Medizin ist die Evidenz für dessen Anwendung bei onkologischen Patienten unzureichend. Palliativpatienten mit refraktären Symptomen könnten jedoch geeignete Kandidaten für einen Therapieversuch darstellen. Der entscheidende Parameter für die Auswahl eines Cannabis-Arzneimittels ist die THC/CBD-Ratio. Orale Einnahmeformen bieten sich gerade für Cannabis-naive und ältere Patienten an. Psychische und kardiovaskuläre Nebenwirkungen sind nicht zu unterschätzen.

Abstract

The medical use of Cannabis has gained popularity in Europe and Northern America in recent years. Cannabinoids are available as finished pharmaceuticals, flowers and extracts. This article focuses on supportive medicine for oncological patients. Possible indications are pain, chemotherapy-induced nausea and vomiting, loss of appetite and altered taste perception. Despite the enormous cannabis hype in medicine, the evidence for its use in oncology patients is insufficient. However, palliative patients with refractory symptoms could be candidates for a therapeutic trial. The key parameter for choosing a cannabis medicinal product is the THC/CBD ratio. Oral forms of administration are particularly suitable for cannabis-naive and older patients. Mental and cardiovascular side effects should not be underestimated.

KERNAUSSAGEN
  • Cannabis-Arzneimittel können zur Symptomlinderung bei onkologischen Patienten beitragen. Es werden Effekte in der Analgesie, Antiemese, Appetitsteigerung und Verbesserung von Geschmacksstörungen beschrieben.

  • Trotz des enormen Hypes um Cannabis als Medizin ist die Evidenz für die zahlreichen potenziellen Indikationen bei Krebspatienten unzureichend. Aktuell bleibt Cannabis-Arzneimitteln daher nur die Rolle einer Reservemedikation.

  • Palliativpatienten mit mehreren therapierefraktären Symptomen, die möglicherweise durch Cannabis-Arzneimittel gelindert werden könnten, sollte ein Therapieversuch nicht vorenthalten werden.

  • Für den gewünschten Effekt ist die THC/CBD-Ratio entscheidend. Bei Tumorschmerzen sowie CINV bietet sich eine ausgeglichene Ratio an. Der appetitsteigernde und geschmacksverbessernde Effekt wird THC zugeschrieben.

  • Insbesondere zentrale Nebenwirkungen sind nicht zu unterschätzen. Hier kann eine Steigerung des CBD-Anteils sinnvoll sein.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 08. März 2022

Angenommen nach Revision: 09. Juni 2022

Artikel online veröffentlicht:
21. Dezember 2022

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