Kardiologie up2date 2022; 18(04): 307
DOI: 10.1055/a-1947-2187
Editorial

Liebe Leser*innen der Kardiologie up2date,

Markus Ferrari

als im Dezember 2019 in Wuhan ein Betacoronavirus zu schweren Pneumonien mit nachfolgenden Todesfällen führte, welches später unter dem Namen SARS-CoV-2 als Auslöser der COVID-19-Erkrankung identifiziert wurde, konnte man kaum voraussehen, welche Implikationen dies für Gesellschaft, Weltwirtschaft und medizinische Versorgung haben würde. Im dritten Pandemiewinter stehen wir weiterhin vor neuen Herausforderungen bei der Prävention, Diagnostik und Therapie. Schutzmasken und Impfstoffe haben geholfen, die COVID-19-Wellen zu glätten, bringen aber gleichzeitig neue Fragen mit sich. In kardiologischen Praxen werden Impfsprechstunden angeboten und Beratungen für Hochrisikopatienten durchgeführt. Die kardiovaskulären Komplikationen nach Impfungen sind glücklicherweise äußerst selten, können aber individuell insbesondere bei Vorliegen kardialer Vorerkrankungen einen klinischen Verlauf mit therapeutische Konsequenzen bedeuten. Die Zahl der infizierten und genesenen Menschen steigt weiter rasant an, wobei renale und kardiale Schäden zunehmend in den Vordergrund rücken. Immer mehr Patienten leiden im Rahmen einer Infektion mit SARS-CoV-2 an Herzrhythmusstörungen oder manifester Herzinsuffizienz. Durch die Pandemie haben viele Kliniken begonnen, sich intensiver mit extrakorporalen Unterstützungssystemen zu befassen, die in der „Prä-COVID-Zeit“ meist im kardiogenen Schock Anwendung fanden. Die Anlage von dicklumigen peripheren Kanülen ist zum Bestandteil der kardiologischen Weiterbildung geworden, um jetzt schnell und effektiv durch extrakorporalen Lungenersatz COVID-19-Patienten versorgen zu können. Long-COVID steht im Fokus zahlreicher Publikationen, ist aber relativ heterogen in Schwere und Ausprägung. Entsprechend den Ergebnissen der Monitor-IC-Studie haben 3/4 der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Patienten psychische und physische Langzeitprobleme, welche uns in der Zukunft zunehmend in der klinischen Versorgung beschäftigen werden.

Die aktuelle Ausgabe der Kardiologie up2date greift aktuelle Fragen der Prävention, Notfall- und Intensivmedizin sowie der klinischen Kardiologie im Kontext der Coronaviruspandemie auf: Im SOP-Beitrag werden die vakzininduzierten immunogenen Prozesse der Thrombozytenaktivierung systematisch von den Kollegen Thiele et al. vorgestellt (S. 314).

Die Kollegen Köktürk et al. beschreiben in der Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie auch bei schwieriger Anatomie ultraschallgesteuert die Femoralgefäße sicher punktiert werden können (S. 321). Dies ist nicht nur für die Anlage von ECMO-Kanülen bei COVID-19-Patienten von Interesse, sondern auch bei antikoagulierten Patienten in der Elektrophysiologie und anderen Hochrisikoeingriffen in der interventionellen Kardiologie eine elegante Methode des sicheren Gefäßzuganges.

In den CME-Beiträgen vermittelt uns Kollege Herr Dr. Feher eine Übersicht über COVID-19-assoziierte Arrhythmien (S. 329).

Die Arbeitsgruppe von Kollege Herrn Dr. Supady stellt uns die Probleme und Behandlungsoptionen bei Gerinnungsaktivierung durch das Coronavirus vor (S. 345).

Die extrakorporale Membranoxygenierung bei schweren Verläufen von COVID-19 wird von Kollege Herrn Prof. Wiedemann zusammengefasst (S. 357).

Wie oben erwähnt, war die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation in der Vergangenheit wenigen Patienten im schwersten kardiogenen Schock vorbehalten. Pandemiebedingt kommen aktuell ACS-Patienten verspätet ins Krankenhaus und wir sehen in den letzten 3 Jahren eine stark steigende Zahl der präklinischen Reanimationsfälle. Im Beitrag von Kollege Herrn Dr. Pilarczyk wird die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation mit illustrativen Fallbeispielen vorgestellt und im Kontext der kürzlich publizierten S3-Leitlinie diskutiert (S. 377).

Somit hoffe ich, dass wir Ihnen als Herausgeber der Kardiologie up2date ein interessantes und mit neuen Informationen gefülltes Themenheft zu COVID-19 präsentieren können, in dem jeder für seinen Bereich neue Erkenntnisse und Anregungen für die klinische Tätigkeit bekommt.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen, Gesundheit und Resilienz im 3. Pandemiejahr sowie einen erholsamen Jahreswechsel,

Ihr Markus Ferrari



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
06. Dezember 2022

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