Triage: Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Am 24.08.2022 hat das Bundeskabinett mit überwiegend formalen Änderungen einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes übernommen. Die Koalition reagiert damit auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Dezember 2021, in dem das Gericht den Gesetzgeber aufforderte, geeignete Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderungen bei einer pandemiebedingten Triage zu treffen. Der Kabinettsentwurf sieht vor, im Infektionsschutzgesetz einen § 5c „Verfahren bei aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandenen überlebenswichtigen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten“ einzufügen. In Absatz 2 legt der Paragraf u. a. fest, dass eine Zuteilungsentscheidung „nur aufgrund der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patientinnen und Patienten getroffen werden (darf). Komorbiditäten dürfen (…) nur berücksichtigt werden, soweit sie aufgrund ihrer Schwere oder Kombination die auf die aktuelle Krankheit bezogene kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verringern. Kriterien (…) wie insbesondere eine Behinderung, das Alter, die verbleibende mittel- oder langfristige Lebenserwartung, der Grad der Gebrechlichkeit und die Lebensqualität, dürfen (…) nicht berücksichtigt werden.“ Die erste Fassung des Referentenentwurfs vom Mai erlaubte noch den Abbruch einer Behandlung zugunsten einer anderen Person mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit (Ex-post-Triage). Nach Kontroversen darüber in der Regierungskoalition legte das BMG im Juni 2022 einen überarbeiteten Entwurf vor, der die Ex-post-Triage verbietet (siehe Absatz 2 Satz 4), und lud zahlreiche Verbände und Organisationen für Ende Juli zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme und zu einer mündlichen Anhörung über den Entwurf ein.

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Article published online:
18 October 2022