Gefäßmedizin Scan - Zeitschrift für Angiologie, Gefäßchirurgie, diagnostische und interventionelle Radiologie 2022; 9(04): 301-312
DOI: 10.1055/a-1939-5505
CME-Fortbildung

Ösophagusvarizenblutung: medikamentöse, endoskopische, interventionelle Therapie

Michael Praktiknjo
,
Jonel Trebicka

Die Varizenblutung ist durch ihre hohe Letalität eine der gefürchtetsten Komplikationen in der Gastroenterologie/Hepatologie. Das Management ist komplex und beinhaltet ein rasches und präzises Vorgehen bereits beim Eintreffen des Patienten. Dieser Beitrag beschreibt die State-of-the-Art-Therapie inklusive medikamentöser, endoskopischer und interventioneller Optionen sowie die aktuellen Empfehlungen zur Primär- und Sekundärprophylaxe.

Kernaussagen
  • Bei Patienten mit dringendem Verdacht auf eine Ösophagusvarizenblutung und Kreislaufinstabilität steht die hämodynamische Stabilisierung (Volumenersatz mit kristalloiden Lösungen) an erster Stelle.

  • Die endotracheale Intubation soll nur bei Patienten mit hohem Aspirationsrisiko (schwere Hämatemesis, bereits bestehende Vigilanzminderung oder HE) erwogen werden.

  • Eine restriktive Transfusionsstrategie ist einer liberalen überlegen: Der Ziel-Hb-Wert beträgt 7–9 g/dl. Nicht übertransfundieren!

  • Die medikamentöse Versorgung umfasst: Terlipressin (1–2 mg/4 h; so schnell wie möglich bis 5 Tage), Antibiotika (z. B. Ceftriaxon 2 g/24 h; so schnell wie möglich bis 7 Tage). Gegebenenfalls kann eine HE-Prophylaxe (Lactulose 25 ml/12 h oder Rifaximin) erfolgen.

  • Erythromycin (250 mg i. v. 30–120 min vor Endoskopie) verbessert die Beurteilbarkeit des endoskopischen Befundes.

  • Die Endoskopie (Varizenligatur/Sklerosierung mit Histoacryl) soll innerhalb von 12 h durchgeführt werden – bei hämodynamischer Instabilität frühestmöglich als Notfallendoskopie.

  • Bei refraktärer Blutung kommt ein selbstexpandierender Metallstent oder die Sengstaken-Sonde als Überbrückungstherapie zum Einsatz, bis in einem spezialisierten Zentrum ein Rescue-TIPS angelegt werden kann.

  • Bei Risikopatienten (Child-Pugh-Score B mit aktiver Blutung, Child-Pugh-Score C < 14) soll die Anlage eines präemptiven TIPS innerhalb von 72 h nach endoskopischer Blutstillung erwogen werden.



Publication History

Article published online:
21 November 2022

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