Intensivmedizin up2date 2023; 19(04): 413-435
DOI: 10.1055/a-1936-7097
Allgemeine Intensivmedizin

Lungenarterienembolie: Diagnostik, Management und (neue) Therapien

Richard Schell
,
Norbert Frey
,
Christian Erbel

Venöse Thromboembolien sind weltweit die dritthäufigste kardiovaskuläre Erkrankung nach Myokardinfarkt und Schlaganfall, gehen mit einer erheblichen Sterblichkeit einher und unterliegen auffallend häufig Fehldiagnosen, was sich zusätzlich negativ auf die Prognose auswirkt. Angesichts des heterogenen klinischen Bildes sind eine stadiengerechte Therapie und Prognosebeurteilung von besonderer Bedeutung. Neue interventionelle Therapiemöglichkeiten machen eine kritische Bewertung und Einordnung v. a. für kritisch kranke Patienten notwendig.

Kernaussagen
  • Die neuen interventionellen Therapiemöglichkeiten für Patienten mit Lungenarterienembolien scheinen eine neue Ära zu eröffnen und machen eine kritische Bewertung sowie Einordnung des Stellenwerts v. a. für kritisch kranke Patienten notwendig.

  • D-Dimere werden gebildet bei Aktivierung der Gerinnungskaskade und der damit einhergehenden Fibrinolyse; sie haben mit ihrer niedrigen Spezifität und hohen Sensitivität gleichzeitig eine Stärke und auch eine Schwäche, die gezielt ausgenutzt werden können.

  • Pathophysiologisch ist für das Outcome die Rechtsherzbelastung bzw. das akute Rechtsherzversagen kritisch.

  • Die Risikostratifizierung beginnt mit der Identifizierung von möglichen Hochrisiko-Lungenarterienembolie-Patienten, die ohne Verzögerung einer definitiven Diagnostik und Einleitung einer Reperfusionstherapie zugeführt werden müssen.

  • Patienten, die sich klinisch in einem Bild der High-Risk-Kategorie präsentieren, machen zwar nur etwa 5% aller Patienten mit Lungenarterienembolien aus, erfordern allerdings in Anbetracht einer Mortalität von deutlich > 20% eine maximale Fokussierung und den Einsatz intensiver Diagnostik und Therapie.

  • Mit schweren Blutungskomplikationen (Major Bleeding) infolge systemischer Thrombolyse ist in etwa 10% der damit behandelten Patienten zu rechnen, intrakranielle Blutungen treten in etwa 1,7% der Fälle auf.

  • Reperfusionstherapien mittels kathetergestützter Verfahren zur mechanischen Thrombusfragmentation/-aspiration sollten in Fällen manifester, therapierefraktärer Kreislaufinstabilität, nach erfolgloser systemischer thrombolytischer Behandlung sowie im Fall eines hohen Blutungsrisikos und von Kontraindikationen gegen eine systemische Thrombolyse evaluiert werden.

  • Die Abläufe und Entscheidungen zu Diagnostik, Risikostratifizierung und Therapie(-Einleitung) bei kritisch kranken Patienten mit Lungenarterienembolien sollten – klar definierten Algorithmen und Abläufen folgend – multidisziplinär in Lungenembolie-Teams getroffen werden.



Publication History

Article published online:
08 December 2023

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