NOTARZT 2023; 39(02): 67-70
DOI: 10.1055/a-1921-6038
Aktuelles

Gefahren durch kaltes Wasser

Jens Kohfahl
,
Holger Schwalbe
,
Stephan Kohfahl

Vorbemerkung

Zur Aus- und Fortbildung der Seenotretter wurde bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) ein Merkblatt zu den allgemeinen Gefahren kalten Wassers entwickelt. Die DGzRS ist zuständig für den Such- und Rettungsdienst auf Nord- und Ostsee. Mehr als 1000 Seenotretter sind auf 60 Rettungseinheiten Jahr für Jahr rund 2000 Mal im Einsatz – rund um die Uhr, bei jedem Wetter, finanziert ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen. Seit der Gründung 1865 hat die DGzRS rund 86000 Menschen aus Seenot gerettet oder aus Gefahr befreit. Schirmherr der Seenotretter ist der Bundespräsident. Grundlage des genannten Merkblattes war eine Vortragsserie zum gleichen Thema. Zum besseren Verständnis werden hier Hintergrundinformationen ausführlich dargelegt.

Die Darlegungen/Herleitungen und Zeitangaben beziehen sich auf einen Sturz in kaltes Wasser, der unfallbedingt, d. h. plötzlich, unvorhergesehen, ohne mentale Vorbereitung wie zum Beispiel beim Eiswasserschwimmen erfolgt und ohne dass Schutzbekleidung oder eine Rettungsweste getragen wird. In jeder Phase kann es zu einem Ertrinkungsunfall bis hin zum Ertrinkungstod kommen.

Nach internationaler Übereinkunft spricht man von kaltem Wasser ab einer Temperatur < 15 °C und bei < 10 °C von sehr kaltem Wasser.

Die Möglichkeit, nach einem Sturz in kaltes Wasser zu ertrinken, schätzen Experten [1] auf 10% und höher! Und das ist unabhängig von Alter, Fitness- oder Ernährungszustand. Dabei entfallen 50% auf die ersten beiden Phasen, 30% betreffen die Hypothermie und 20% den Rettungskollaps [2]. Damit tritt die Bedeutung der Hypothermie für den tödlichen Verlauf nach Sturz in kaltes Wasser etwas in den Hintergrund.

Die angegebenen Zeiten sind durch Versuche und Analysen von Unglücksfällen gut belegt, dennoch bleiben sie Schätzungen. Sie grenzen zwar den Rahmen für die Zeitabläufe der beschriebenen Phasen und Stadien ab, aber es gibt deutliche Unterschiede in den körperlichen Reaktionen zwischen einzelnen Individuen [Abb. 1].



Publication History

Article published online:
11 April 2023

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