Aktuelle Kardiologie 2022; 11(05): 434-443
DOI: 10.1055/a-1842-3378
Kurzübersicht

Therapie der Aortenklappenstenose jenseits des Klappenersatzes – Was bringt die Zukunft?

Treatment of Aortic Valve Stenosis Beyond Valve Replacement – What Does the Future Hold?
Hannah Billig
1   Medizinische Klinik II – Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Herzzentrum Bonn, Bonn, Deutschland (Ringgold ID: RIN39062)
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1   Medizinische Klinik II – Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Herzzentrum Bonn, Bonn, Deutschland (Ringgold ID: RIN39062)
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Georg Nickenig
1   Medizinische Klinik II – Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Herzzentrum Bonn, Bonn, Deutschland (Ringgold ID: RIN39062)
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Zusammenfassung

Die kalzifizierende Aortenklappenstenose stellt die häufigste interventionell oder operativ behandlungsbedürftige Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter dar und betrifft insbesondere Menschen höheren Lebensalters. Obwohl der Fortschritt interventioneller Therapieoptionen die Behandlung der Aortenklappenstenose in den letzten Jahren verbessern konnte, ist die symptomatische Aortenklappenstenose weiterhin mit hoher Morbidität und Letalität assoziiert. Ihre Pathophysiologie ist gekennzeichnet durch eine Fibrosierung und Kalzifizierung der Klappentaschen, welche zu deren progredienter Verdickung und Versteifung und letztendlich zur Obstruktion der Klappe mit erschwertem Blutfluss in die Aorta führen. Da sich die Betroffenen meist im fortgeschrittenen Alter befinden und weitere Begleiterkrankungen aufweisen, ist ein operativer oder interventioneller Ersatz der Aortenklappe mit einem höheren Eingriffsrisiko und verlängerter Rekonvaleszenzzeit der Patienten verbunden. Die häufig begleitend auftretende periphere vaskuläre Verschlusskrankheit kann die Nutzung der peripheren Zugangswege im Rahmen des transluminalen Vorgehens unmöglich machen und die transapikale Punktion mit konsekutiv erhöhtem Eingriffsrisiko erfordern.

Eine limitierte Lebenserwartung, z. B. im Rahmen von neoplastischen Erkrankungen, kann darüber hinaus eine Kontraindikation zur operativen und interventionellen Versorgung darstellen.

Aktuell gibt es keine spezifische medikamentöse Therapie, die Initiation und Progression dieser bedeutenden Erkrankung beeinflussen kann und eine Alternative zum Klappenersatz für diese vulnerablen Patientenkollektive darstellt. Ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden komplexen Pathophysiologie hat zur Entwicklung und Erprobung innovativer medikamentöser Therapieansätze geführt. Diese neuartigen Therapien befinden sich im Moment allesamt noch in Prüfung durch präklinische und klinische Studien und sollen in diesem Übersichtsartikel adressiert werden.

Abstract

Calcifying aortic valve stenosis is the most common heart valve disease requiring interventional or surgical treatment in adults and particularly affects older people. Although progress in interventional therapeutic options has improved the treatment of aortic valve stenosis in recent years, symptomatic aortic valve stenosis is still associated with high morbidity and mortality. Its pathophysiology is characterized by fibrosis and calcification of the valvular cusps, leading to progressive thickening and stiffening of the cusp tissue, and ultimately obstruction of the valve with impaired blood flow through the valve. Since those affected are usually of advanced age and have other important comorbidities, surgical or interventional replacement of the aortic valve is associated with a higher risk and prolonged convalescence time. In addition, suitable vascular access sites for interventional therapy can be problematic in the case of frequently accompanying peripheral vascular occlusive disease, sometimes to the extent that only transapical access routes are possible. A limited life expectancy, for example in the context of neoplastic diseases, can represent a contraindication for surgical and interventional therapies. There is currently no specific medical therapy that can affect initiation and progression of this important disease and that could serve as an alternative to valve replacement in this patient collective. A better understanding of the underlying complex pathophysiology has led to the development and evaluation of innovative therapeutic approaches. These novel pharmacological treatment strategies are all still being tested in preclinical and clinical trials and will be addressed in this review article.

Was ist wichtig?
  • Die Aortenklappenstenose ist die häufigste interventionell oder operativ behandlungsbedürftige Herzklappenerkrankung des Erwachsenen und ist mit hoher Morbidität sowie in fortgeschrittenen Stadien mit hoher Letalität assoziiert.

  • Neue Therapieoptionen als Alternative zum Klappenersatz werden dringend benötigt, insbesondere in Anbetracht des meist fortgeschrittenen Lebensalters der betroffenen Patienten. Ein besseres Verständnis der Pathogenese hat zur Entwicklung von Behandlungsansätzen geführt, die sich in der Prüfung durch (prä-)klinische Studien befinden.

  • Der Einsatz von lipidsenkenden Therapien (z. B. Statine) konnte bislang keinen Vorteil für Patienten mit Aortenklappenstenose erbringen.

  • Therapien, die in den Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel eingreifen oder den MGP- und NO-Signalweg beeinflussen, werden aktuell in klinischen Studien untersucht.

  • Pathophysiologische Parallelen zur Atherosklerose legen die Evaluation immunmodulierender Therapien nahe.



Publication History

Article published online:
05 October 2022

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