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DOI: 10.1055/a-1776-2897
Klassifikation der Kolondivertikulose/-divertikulitis und stadienabhängige Therapie
In den Industrieländern zählen Divertikel des Dickdarmes zu den häufigsten gutartigen Veränderungen im Gastrointestinaltrakt.
Die Prävalenz der Divertikulose wird in verschiedenen Untersuchungen deutlich unterschiedlich angegeben, von ca. 28% in Screening-Koloskopien über ca. 45% im Barium-Kontrasteinlauf bis hin zu ca. 60% für über 70-Jährige in Autopsiestudien. Die Zahl an Krankenhausfällen, die primär wegen einer Divertikelkrankheit behandelt wurden, ist in den Jahren 2000 bis 2017 angestiegen ([Abb. 1]). Mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Prävalenz zu, wobei sich in Daten aus dem letzten Jahrzehnt ein Trend zur Zunahme bei jüngeren Patienten abzeichnet ([Abb. 2]) [1] [2]. Insgesamt kann in Europa mit einer Prävalenz zwischen 20 und 60% gerechnet werden.
Abgeleitet wird der Begriff Divertikel aus dem lateinischen Wort „diverticulum“, welches „Seitenweg“ oder „Scheideweg“ bedeutet. Bei den als Kolon-Divertikeln bezeichneten Ausstülpungen handelt es sich im Kolon und Sigma um Pseudodivertikel, also um Hernierungen der Mukosa und Submukosa durch Muskellücken an Durchtrittstellen von Arteriolen durch die Darmwand ([Abb. 3]). Diese sind in Westeuropa überwiegend linksseitig und hier insbesondere im Sigma zu finden.
Dies bedeutet, dass diese Divertikel eine sehr dünne Wand haben und mechanische Belastungen bei der Endoskopie leicht zu Perforationen führen können. Dies gilt analog für andere mechanische Belastungen (Clips) oder thermische Beanspruchungen wie Argon-Plasma-Coagulation (APC).
Die in Asien sehr viel häufigeren Divertikel des Colon ascendens und Coecum („Rechtsdivertikulose/Rechtsdivertikulitis“) sind in der Regel „echte“ Divertikel, wobei es sich um Ausstülpungen der gesamten Darmwand handelt. In den westlichen Ländern sind diese nur sehr selten zu finden, als Ursache hierfür werden genetische Faktoren, Ernährungsgewohnheiten und Veränderungen des Bindegewebes sowie die Motilität des Darmes mit einer Hochdruckzone im Sigma betrachtet.
Eine Reihe von Einflussfaktoren werden als Risikovariablen für den Verlauf und die Schwere einer Divertikelkrankheit diskutiert ([Tab. 1]).
Beeinflussbare Risikofaktoren: |
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günstige Ernährung |
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ungünstige Genussmittel |
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günstiger Lebensstil |
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ungünstiger Ernährungsstatus |
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In den meisten Fällen ist eine Divertikulose asymptomatisch, bis zu 30% der Betroffenen entwickeln aber eine Divertikelkrankheit. Hierbei wird unterschieden in eine akute Divertikulitis, deren wichtigste Komplikationen der Abszess und die Perforation sind, und eine chronische Divertikulitis, die zur Stenose oder zur Fistelbildung beispielsweise in den Urogenitaltrakt sowie zur Bildung eines Konglomerattumors führen kann [3].
Lange Zeit wurde vermutet, dass das Komplikationsrisiko bei Divertikulitis im Verlauf der Erkrankung zunimmt, also mit jedem Schub steigt. Daraus resultierte die überholte Herangehensweise, ab dem 3. bzw. 2. Entzündungsschub eine operative Therapie anzustreben. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass der überwiegende Teil der Komplikationen (mit Ausnahme von Fisteln) während der ersten Divertikulitismanifestation auftritt [1]. So konnte z. B. in einer prospektiven Studie an 900 Patienten gezeigt werden, dass das Perforationsrisiko bei der ersten Divertikulitis 25% war und auf 0% bis zum dritten Rezidiv abnahm [4] [5]. Nach der ersten Episode einer akuten unkomplizierten Divertikulitis erleiden etwa 15% – 30% der Patienten ein Rezidiv [6]. Die Lebensqualität leidet mit der Häufigkeit der entzündlichen Schübe.
Im Rahmen einer Divertikulitis zeigt sich pathologisch ein vom Divertikel ausgehender Entzündungsprozess (Peridivertikulitis), der auf die Darmwand übergreifen und Komplikationen bewirken kann. Als ursächlich hierfür werden die Kompression von Blutgefäßen durch die Herniation von Mucosa/Submucosa mit lokaler Minderversorgung der Schleimhaut und die Retention von Stuhlgang im Divertikellumen durch den verengten Divertikelhals mit Bildung von Kotsteinen diskutiert [7].
Rezidivierende Entzündungsschübe können mittel- oder langfristig zur lokalen Fibrosierung, Wandverdickung und Stenosierung führen, ggf. mit Bildung eines divertikulitischen Pseudotumors [8]. Diese können sich klinisch durch einen Subileus oder kompletten Ileus äußern. Der lokale Entzündungsprozess kann fortschreiten und bis zu einer gedeckten oder freien Perforation, Abszedierung oder Fistelbildung führen. Durch eine mechanische Schwächung der Divertikelkuppe kann eine freie Divertikelruptur in die Bauchhöhle auch ohne Divertikulitis auftreten, hat im Gefolge jedoch eine Peritonitis, so dass sich die Pathogenese retrospektiv oft nicht mehr klären lässt.
Abgrenzend hierzu findet sich bei dem Krankheitsbild der SCAD (segmental colitis associated with diverticulosis) eine streng auf den divertikeltragenden Darmabschnitt begrenzte Inflammation. Charakteristikum der SCAD ist eine Entzündung der interdivertikulären Schleimhaut unter Aussparung der peridivertikulären Schleimhaut, außer bei sehr schweren Entzündungen [9]. Histologisch können diese Veränderungen denen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ähneln. Aus einer Übersicht von 486 publizierten Fällen wird eine Prävalenz von ca. 1% vermutet [10]. Klinisch können sich bei der SCAD eine Hämatochezie, Diarrhoe oder abdominelle Schmerzen zeigen, oder die Erkrankung verläuft asymptomatisch [11] [12].
Publication History
Article published online:
13 June 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart,
Germany
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Literatur
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