Laryngorhinootologie 2022; 101(03): 184
DOI: 10.1055/a-1728-7894
Editorial

Sehr geehrte Leserinnen und Leser der LRO,

Sandro Stöckli

nachdem gerade heute, wo ich beim Verfassen dieses Editorials bin, in der Schweiz fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden, sitze ich erstmals seit Monaten ohne Maske in meinem Büro und freue mich darauf, heute Abend ohne Maske im Fitnessstudio zu schwitzen und anschließend ohne Vorweisen eines COVID-Zertifikats ins Restaurant oder vielleicht auch lieber ins Kino zu gehen. Überall wird vom sogenannten Freedom Day gesprochen nach langen 2 Jahren Pandemie. Aber erstens ist die Pandemie mit dem Ende der Maßnahmen nicht einfach so fertig – mal schauen, was der nächste Herbst bringt – und zweitens empfinde ich diesen Tag mehr als Memorial Day. Viele, zu viele Menschen haben in der Pandemie ihr Leben verloren, viele Menschen trauern um Angehörige und Freunde, viele Menschen sehen sich in existenziellen Nöten und viele Menschen leiden noch an Folgen der Krankheit oder psychischen Beeinträchtigungen durch die Pandemie. Diesen Menschen soll mehr, als es aktuell der Fall ist, gedacht werden.

Die aktuelle LRO verspricht auch diesen Monat wieder Lesegenuss für alle. In der Rubrik „Referiert und Diskutiert“ wird eine Studie zur kurzen Anwendung von oralem Prednisolon bei chronischer Rhinosinusitis ohne Polypen und eine Studie zum Vergleich von idiopathischer und nichtidiopathischer Schallempfindungsschwerhörigkeit kritisch begutachtet. Als Aktualität wird zudem eine Studie zu otoneurologischen Symptomen bei COVID-19 analysiert.

Drooling bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Zerebralparese ist stigmatisierend und sozial wenig kompatibel. In der Rubrik „Sehen und Verstehen“ wird anschaulich gezeigt, wie die Sialorrhö bei unterschiedlichen Ursachen mit sonografisch kontrollierten Injektionen von Botulinumtoxin effektiv behandelt werden kann.

Die Elektrochemotherapie ist keine neue Methode und wird immer wieder als Möglichkeit zur Behandlung von oberflächlichen Tumorrezidiven beschrieben. Insbesondere bei fehlenden Therapiealternativen zeigt sich, wie in der Rubrik „Übersicht“ dargestellt, die Elektrochemotherapie als effektiv und kostengünstig.

Der erste Artikel in der Rubrik „Originalarbeit“ befasst sich mit der Möglichkeit der Vorhersage des Erfolgs einer Hörgeräteversorgung mittels spezifischen Fragebogens. Die Schlussfolgerung, dass Proband*innen mit schlechtem Score am meisten und ältere Menschen mit wenig subjektivem Hörverlust am wenigsten von einer Hörgeräteversorgung profitieren, erscheint nicht ganz unerwartet. Im zweiten Artikel werden neurophysiologische Parameter zum Sprachverstehen von Patienten mit Cochlea-Implantaten analysiert. Die dritte Arbeit evaluiert prognostische Faktoren für den Erfolg der Sialendoskopie bei Sialolithiasis. Die sialendoskopische Extraktion von Speichelsteinen gilt mittlerweile als Therapie der Wahl bei der Sialolithiasis. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass drüsennahe und große Konkremente zum Teil schwierig zu extrahieren sind. Die Autoren bestätigen dies mit ihrer retrospektiven Studie.

Die Rubrik „Der interessante Fall“ berichtet einerseits von einem Fall, bei dem die Neurostimulation des Nervus hypoglossus erfolgreich eingesetzt wurde zur Behandlung eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms im Rahmen einer Amyloidose mit Beteiligung des Zungenkörpers, andererseits von der Rarität eines kanalikulären Adenoms im Epipharynx.

Ein Kollaps des äußeren Gehörgangs kann bekanntermaßen in der Audiometrie eine Schallleitungsschwerhörigkeit vortäuschen. In der Rubrik „Gutachten und Recht“ werden entsprechende Fälle geschildert. Die nach wie vor wichtigen, klassischen Stimmgabelversuche können hierbei Hinweise liefern und eine neuerliche Audiometrie mit Einsteckhörern triggern.

Wie immer können Sie Ihr Wissen in der Rubrik „CME-Fortbildung“ erweitern oder auffrischen und Punkte sammeln, diesen Monat zum wichtigen Thema der Bedeutung von Frailty in der Kopf-Hals-Onkologie.

Abschließend gibt Herr Kollege Rettinger in der Rubrik „OP-Techniken“ eine gut illustrierte Übersicht über die herkömmlichsten Eingriffe bei Mittelgesichtsfrakturen, deren Behandlung unbedingt auch in der Hand der HNO bleiben sollte.

Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.



Publication History

Article published online:
28 February 2022

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