Frauenheilkunde up2date 2022; 16(01): 57-73
DOI: 10.1055/a-1560-4484
Allgemeine Gynäkologie

Lageveränderungen des weiblichen Genitales: Teil 1

József Mészáros
1   Medizinische Fakultät, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
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Deszensusbeschwerden, Harninkontinenz, vulvovaginale und vesikale Reizzustände, Dyspareunie sind in der gynäkologischen Praxis häufig geäußerte Beschwerden. Wenn eine Therapieindikation besteht, ist es für die Wahl der geeigneten Intervention wichtig, die verschiedenen Ursachen der Lageveränderungen, die anatomischen und physiologischen Grundlagen des Deszensus zu kennen. Im Folgenden werden die diagnostischen und therapeutischen Empfehlungen im Kontext der Pathologie vorgestellt.

Kernaussagen
  • Bei fast jeder Frau entwickeln sich im Laufe des Lebens Beckenbodenschwäche, Deszensusbeschwerden, Harninkontinenz, vulvovaginale und vesikale Reizzustände oder Dyspareunie in irgendeiner Form.

  • Veränderungen der vaginalen Anatomie sind besonders bei Frauen, die bereits geboren haben, äußerst häufig. Damit gehen oft keine Beschwerden einher. Kommt es zu Symptomen, sind diese bei einer Senkung meistens sehr unspezifisch.

  • Als Descensus genitalis wird die Lageveränderung von Uterus und Vagina mit bzw. ohne Einbeziehung der unteren Harnwege, des Dünn- und Enddarms mit bzw. ohne Symptomatik bezeichnet.

  • Ein Deszensus wird multifaktoriell bedingt, die Ursachen sind vielfältig: Neben genetisch bedingten Faktoren kommen Umstände bei den Geburten, Übergewicht, Rauchen, körperlich belastende Arbeit sowie höheres Alter, Menopause und viele andere in Betracht.

  • Um die korrekte Diagnose stellen und eine geeignete Therapie wählen zu können, ist die genaue Kenntnis der Anatomie wichtig, insbesondere der verschiedenen Kompartimente und der Muskulatur des Beckenbodens.

  • Die Diagnose muss individuell anhand der genauen Anamnese und sorgfältiger gynäkologischer Untersuchung sowie verschiedener Tests gestellt werden. Neben Inkontinenztests kommen diagnostisch die Sonografie, urodynamische Untersuchung, Uroflowmetrie, Urethrozystografie und Proktoskopie zum Einsatz. Die dynamische MRT hat inzwischen einen festen Platz in der Deszensusdiagnostik.

  • Erst wenn konservative Therapieversuche nicht zum gewünschten Erfolg führen, empfehlen sich operative Maßnahmen, die individuell dem vorliegenden Befund und den Bedürfnissen der Patientin angepasst werden müssen.

  • Um einem Senkungsleiden vorzubeugen, sind Beratung bezüglich der Lebensführung (konsequentes Beckenbodentraining, Vermeidung von Übergewicht, Vermeidung schwerer körperlicher Arbeit etc.) und beckenbodenschonende Geburtsleitung zu beachten.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
15. Februar 2022

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