Dialyse aktuell 2021; 25(08): 303
DOI: 10.1055/a-1517-1915
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Lebendnierenspende

Volker Aßfalg
1   München
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PD Dr. med. Volker Aßfalg, München

Die terminale, dialysepflichtige Niereninsuffizienz betrifft mehr als 80 000 Menschen in Deutschland und stellt zusammen mit den infolge langjähriger Nierenersatzverfahren verbundenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Gesellschaft vor eine relevante sozioökonomische Herausforderung mit einer signifikanten Mortalität der Betroffenen. Eine Nierentransplantation ist das Verfahren der Wahl zur Therapie der chronischen Niereninsuffizienz – jedoch sind weder alle Dialysepatienten für eine Transplantation geeignet, noch sind ausreichend Spenderorgane für jeden Kandidaten vorhanden.

Der Mangel an Spendernieren von Verstorbenen ist besonders in Deutschland dramatisch. International gesehen sind die Wartezeiten für eine Niere mit durchschnittlich 7–8 Jahren hierzulande am längsten. Mehr als 5 % der Patienten versterben, während sie auf eine Nierentransplantation warten. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher, da die Patienten, die vorher von der Warteliste genommen wurden, nicht hinzugerechnet werden. Politik und Gesellschaft in Deutschland sind hier gefragt, um endlich Abhilfe und eine Angleichung an die Länder zu schaffen, die uns teilweise weit voraus sind.

Einen möglichen Ausweg stellt die freiwillige Nierenspende von einem gesunden Verwandten oder einer nahestehenden Person dar. Diese Option ist für den Empfänger nicht nur hinsichtlich der zeitnahen Transplantation, sondern auch aufgrund der hervorragenden Qualität des Organs von einer gesunden Person eine ideale Alternative. Doch es muss uns allen bewusst sein, dass die Lebendnierenspende notwendig ist, um dem traurigen Organspendedefizit hierzulande entgegen zu treten und v. a., dass sich jeder Spender einem perioperativen und langfristigen Risiko – auch wenn es insgesamt gesehen überschaubar ist – aussetzt, das er ohne die Spende nicht eingehen würde.

Die Transplantationsmediziner stehen hier tagtäglich in der Pflicht, zwischen Wünschen, Hoffnungen, medizinisch Möglichem, Risiken und Gefährdung zu entscheiden. Die Lebendnierenspende ist und bleibt jedes Mal ein ganz besonderer, faszinierender Moment in der Medizin – eine große Herausforderung mit enormem Erfolgsdruck aufseiten der Medizin und gewaltiger emotionaler Belastung von Spender und Empfänger.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Informationsgewinn beim Lesen der Artikel rund um das Thema Lebendnierenspende und hoffe, dass der Funke der Begeisterung der Autoren für diesen ganz besonderen, sensiblen Teilbereich der Transplantationsmedizin auf Sie überspringt.



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Article published online:
12 October 2021

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