Psychiatr Prax 2021; 48(05): 277
DOI: 10.1055/a-1469-7712
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Der Alltags-Anankast

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Zwangsstörungen sind nicht lustig. Sie engen ein, dominieren das Denken, sind für die Mitmenschen nicht nachvollziehbar. Bisher. Der Pneumologe, Schlagzeuger, Fotograf und Maler Bodo Niggemann, der sich selbst und sein Buch als „Alltags-Anankast“ bezeichnet, will es dabei nicht belassen. Auf 156, vom Zeichner Lars Preisser liebevoll und hintergründig illustrierten Seiten entfaltet er ein Panoptikum der Spleens, von der „Systementwicklung einer Handtuchbenutzung“ über die sinnhafte Reihung der Flaschen im Kühlschrank unter Berücksichtigung des Zentrifugaleffekts bis zur optimalen Schlafposition bei maximaler Schonung der Matratze. Die Strukturierung der Welt bis ins kleinste Detail ist eine Meise, kann aber durchaus auch als ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Achtsamkeit gelesen werden. Und ganz nebenbei schafft es Niggemann so wunderbar selbstironisch wie rigoros, aus der Schilderung des Ordnungszwangs eine sehr lustige Lektüre zu machen. Bei der sich immer wieder mal der verblüffende Gedanke einschleicht: Das bin doch ich!

Barbara Burckhardt, Berlin



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Article published online:
14 July 2021

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