Rofo 2021; 193(11): 1254-1257
DOI: 10.1055/a-1467-6548
Bildessay

Die Rolle von mittels „Virtual Non Calcium“ errechneten Dual-Energy-CTs zur Beurteilung des Knochenmarks in der klinischen Routine onkologischer Patienten

The role of calculated dual energy CTs using “Virtual Non Calcium” for assessing the bone marrow in the clinical routine of oncological patients
1   Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany
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2   Radiologie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany
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Karolin Baumgartner
1   Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany
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Marius Horger
1   Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany
› Institutsangaben

Die Dual-Energy-Computertomografie (DECT) ist mittlerweile eine weitläufig angewandte Alternative zur Single-Energy-Computertomografie (SECT), da sie einige Vorteile bietet. DECT generiert Datensätze bei 2 verschiedenen Röhrenspannungen, welches durch unterschiedliche Abschwächungen im Gewebe bei hohen und niedrigen kV-Stufen eine Charakterisierung ermöglicht. Dadurch können, je nach Scannergeneration und -technik, Unterschiede zwischen 2 oder mehreren Gewebearten herausgearbeitet werden. Viele Applikationen konnten bereits erfolgreich getestet und in die klinische Routine übernommen werden. Unter anderem bewährt haben sich das Jod-Mapping für die Quantifizierung der Gewebeperfusion, die Generierung von „Virtual Non-Contrast“-Bildern aus Kontrastmittel-Datensätzen, die Beurteilung von Urat-Ablagerungen (Gicht, Nierensteine), die qualitative und quantitative Lungenperfusionsmessung, der Einsatz von monoenergetischen Bildern zur Verbesserung des Gewebekontrastes und zur Reduktion von Strahlenaufhärtungsartefakten [2] [3] [7] [8]. Jedoch ist im klinischen Setting der Hämatoonkologie eine weitere Applikation in Erscheinung getreten, welche als ein Surrogat für die sensitivere MRT in der Knochenmarkdiagnostik genutzt werden kann. Durch die Möglichkeit der „Knochenentfernung“ und damit einhergehende Generierung von „Virtual Non-Calcium“-Datensätzen (VNCa) wird die Schwäche der schlechten Knochenmarkdarstellung in der klassischen CT übergangen [4] [10]. Aktuelle DECT- Installationen erlauben die 3-Material-Trennung unter der Annahme bestimmter Randbedingungen, wie der Volumen- oder der Massenkonstanz [6]. Die größte Herausforderung bei der Knochenmarkbildgebung stellt die dichte Trabekelstruktur der spongiösen Knochen dar, welche vornehmlich im oberen Achsenskelett, im Schädel und Becken vorzufinden ist. Dem steht in der klinischen Routine ausgerechnet in diesen Körperregionen das größte klinische Interesse gegenüber, da insbesondere hämatoonkologische Erkrankungen an Stellen mit hämatopoetischen Stammzellreserven (rotes Knochenmark) zuerst aktiv werden. Durch die Entfernung von Kalzium aus dem spongiösen Knochen lässt sich eine Differenzierung zwischen fetthaltigen (gelbes Knochenmark) und nichtfetthaltigen Markräumen (Mischung aus rotem Knochenmark und anderen Zelltypen, welche unter anderem die Markräume infiltrieren) erzielen. Allerdings sind dieser Technik auch Grenzen gesetzt, welche überwiegend Methoden-inhärent sind. Die Quantifizierung der Knochenmarkabschwächung sollte idealerweise im nativen Datensatz erfolgen, sodass keine vaskularisationsbedingten (jodhaltiges Kontrastmittel) Einflüsse stattfinden, wie es der Fall in den hier präsentierten Bildbeispielen ist. Die Höhe der angewandten Röhrenspannung und Dosis (kV, mAs) hat ebenfalls einen Einfluss auf die Bildqualität, da es bei Niedrigdosisprotokollen zu einer Artefaktbildung (z. B. in der HWS/obere BWS) aufgrund höherer Strahlenabschwächung durch die Schulter-Gürtel-Partie kommen kann. Schließlich ist die Größe der generierten Farbvoxel ein weiterer Grund für die niedrige räumliche Auflösung gegenüber der MRT. Nicht zuletzt liegt es auch an den doch manchmal viel zu niedrigen Dichteunterschieden im Gewebe, dass man Läsionen erst ab einer Größe > 1 cm Durchmesser visualisieren kann. Die hier dargestellten Aufnahmen wurden in DE-Technik mit einer Röhrenspannung von 100kVp und Sn140kVp und einem Röhrenstrom-Zeitprodukt von 160 mAs (100kVp) und 139 mAs (Sn140kVp) unter Nutzung eines Konvolutionskernels Q40 f. aufgenommen und mittels einer DE-Software („syngo.CE DE Bone Marrow“) nachbearbeitet.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
17. Juni 2021

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