Zeitschrift für Palliativmedizin 2021; 22(03): 147-154
DOI: 10.1055/a-1441-0661
Originalarbeit

Ambulante Palliativversorgung von Patienten mit Migrationshintergrund in der Städteregion Aachen – Perspektiven von Behandelnden und Angehörigen

Outpatient Palliative Care of Patients with Migration Background in Städteregion Aachen – Perceptions of Professionals and Relatives of Patients with Migration Background in the Palliative Home Care Context
Virginia Nowara
1   Alexianer Krankenhaus Aachen
,
Norbert Krumm
2   Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
,
Frank Elsner
2   Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Die Integration von kultureller Kompetenz gewinnt in der Palliativversorgung zunehmend an Aufmerksamkeit. Ziel ist eine gleichberechtigte Versorgung, die sich für die gleichwertige Behandlung aller ethnischen Gruppen und die Akzeptanz der kulturellen Bedürfnisse der Patienten ausspricht.

In der vorliegenden Studie wurden die Erfahrungen von Professionellen mit der ambulanten Palliativversorgung von Patienten mit Migrationshintergrund und den Erfahrungen ihrer Angehörigen mit einer solchen Versorgung in der Städteregion Aachen erfasst. In der Städteregion Aachen, einem Kommunalverband mit über 550 000 Einwohnern im Westen Deutschlands, haben 30 % der Bürger einen Migrationshintergrund. Die Ergebnisse von Fragebogen- und Interviewanteilen zeigen teilweise unterschiedliche Wahrnehmungen der Professionellen und Angehörigen. In der Untersuchung stach die Diskrepanz zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung der Professionellen bezüglich des kultursensiblen Umganges mit den Patienten hervor. Bei den Behandelnden zeigte sich eine von Unsicherheit geprägte Grundhaltung, während die Angehörigen sie als kompetent beurteilten. Die Erfahrungen der Angehörigen erwiesen sich als durchweg positiv und von Dankbarkeit sowie Zufriedenheit gekennzeichnet. Sie betonten die Wichtigkeit von Empathie und der grundsätzlichen Offenheit der Professionellen im Kontakt. Die absolvierten Fortbildungen der Behandelnden zu kultureller Kompetenz wurden jedoch wegen thematischer Beschränkungen auf Rituale unterschiedlicher Religionen am Lebensende als optimierungsbedürftig beschrieben. Ein Kritikpunkt war dabei die Vermittlung allgemeinen Faktenwissens und eine fehlende individualisierte Herangehensweise. Schlüsselelemente zur Optimierung der Weiterbildungen waren vermehrte Selbstreflexion und Patienten-Partnering-Programme, die eine reale, direkte Interaktion von Patienten und Professionellen im Rahmen von Trainingseinheiten beinhalten und somit die Individualität wie auch die Patientenbegegnung selbst in den Fokus rücken.

Abstract

Cultural Competence (CC) has become an integral part of palliative care concepts in the treatment of patients with migration background. This concept is based on a respectful and egalitarian attitude in care aiming to the reduction of socio-ethnic disparities. A central aspect is the professionals’ acceptance of different cultural needs. In the city and region of Aachen, a local government association with 550 000 inhabitants, 30 % of the local citizens have migration background. This study aimed to explore the perceptions of professionals and relatives of patients with migrant background in the palliative home care context. The results of the questionnaire- and interview-based study revealed differences in their perceptions. The disparity in self- and external perceptions of the professionals regarding their cultural competence and sensitivity in dealing with CALD patients (culturally and linguistically diverse) was striking. Professionals rated their cultural competence as low, whereas relatives emphasized that CC was not the essential part of care. They assessed the general care as very good, also mentioning to be thankful and highly satisfied. Relatives rated empathy and open-mindedness as most essential factors in care. The professionals’ evaluation of their cultural competence trainings showed a potential for improvement by integrating more elements of self-reflection and patient-partnering-programs creating a real and direct interaction between patients and professionals in the context of training sessions. The training sessions appeared to address mainly religious end-of-life rituals and traditions which stated the major criticism of the professionals who criticized a lack of individualism in care.



Publication History

Article published online:
28 April 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany