Psychiatr Prax 2021; 48(S 01): S51-S57
DOI: 10.1055/a-1364-6353
Originalarbeit

Zur Beziehungsgestaltung mit Künstlicher emotionaler Intelligenz – vom „Hier und Jetzt“ zum „Dort und Dann“

Comments on Relationships with Artificial Emotional Intelligence – from “Here and Now” to “There and Then”
Wolfgang Jordan
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum Magdeburg gemeinnützige GmbH
2   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen
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Zusammenfassung

Die Beziehungsgestaltung in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft wird von der Idee des Humanismus geprägt. Getragen von diesem Konstrukt beleuchtet der Beitrag verschiedene Aspekte und Ausgestaltungen des Humanismus auf einer Zeitachse vom „Hier und Jetzt“ zum „Dort und Dann“. Die gegenwärtige Versorgungsrealität geht mit einer emotionalen Entfremdung menschlicher Beziehungen einher. Eine voranschreitende Technologie und reduktionistische neurobiologische Vorstellungen können den Blick auf das psychische Kranksein eines Menschen in seiner Ganzheit erschweren. Jede (Kommunikations-)Technik, die in der Vergangenheit entwickelt wurde oder in der Zukunft noch zu entwickeln ist, wird früher oder später Einzug in die Psychiatrie und Psychotherapie halten und Beziehungen verändern. Der Transhumanismus birgt die Gefahr, dass die Menschen sich voneinander und ihrer Gattung entfremden. Neuronale Netzwerke sind Algorithmen, welche unabhängig von der verwendeten Hardware funktionieren, sei es, sie basieren auf organischen Kohlenstoffeinheiten wie der Mensch oder auf nichtorganischen Siliziumeinheiten wie der Computer/Cyborg. Es wird verschiedene Wege geben, eine Superintelligenz zu erlangen. Dabei ist Intelligenz ein „Muss“ und Bewusstsein ein „Kann“. Wenn es zu einem Wandel von einem homo- zu einem datenzentrischen Weltbild kommt und die Macht der Menschen auf die Algorithmen übergeht, könnte der Mensch sein Alleinstellungsmerkmal verlieren und die humanistischen Ziele von Gesundheit und Glück würden verloren gehen.

Abstract

The structure of relationships in the past, the present and the future is shaped by the idea of humanism. Based on this construct, the article illuminates various aspects and configurations of humanism on a timeline from “here and now” to “there and then”. The current reality of care goes hand in hand with an emotional alienation of relationships. Advances in technology and reductionist neurobiological ideas can make it difficult to look at a person’s mental illness as a whole. Any (communication) technology that has been developed in the past or will be developed in the future will sooner or later find its way into psychiatry and psychotherapy and change relationships. Transhumanism runs the risk that people will become alienated from each other and their species. Neural networks are algorithms that work regardless of the hardware used, be it based on organic carbon units such as humans or non-organic silicon units such as the computer/cyborg. There will be different ways to achieve super intelligence. Intelligence is a “must” and consciousness is a “can”. If there is a change from a homocentric to a data-centered world view and the power of humans is transferred to the algorithms, humans could lose their economic value and the humanistic goals of health and happiness would be lost.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
02. März 2021

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