Häufig wird gefragt, ob die im internationalen Vergleich hohe Zahl
verfügbarer Intensivbetten in Deutschland dazu beigetragen hat, eine
Überlastung deutscher Krankenhäuser während der ersten
COVID-19-Welle zu vermeiden. Eine Antwort darauf ergibt sich durch folgende
Überlegung. Betrachten wir die norditalienische Region Lombardei, in der
es bekanntlich zu einem Engpass bei der intensivmedizinischen Versorgung kam.
Nehmen wir an, Deutschland hätte (nur) über die
Intensivbettenzahl der Lombardei verfügt (korrigiert für deren
Einwohnerzahl). Wäre es unter dieser Voraussetzung zu einer
Überlastung der Intensivstationen gekommen? Die Region Lombardei hat 10
Mio. Einwohner und verfügte im März nach Ausbau der
Bettenkapazität über 1202 Intensivbetten [1]. In Deutschland lag der
Höchststand an COVID-19-Intensivpatienten bei 2922 am 17. April [2]. Umgerechnet auf die
Bevölkerungszahl der Lombardei hätte sich somit ein Bedarf an
365 (2922/8) Intensivbetten ergeben. Dies entspricht einer Beanspruchung
von 30% (365/1202). Es wäre jedoch wahrscheinlich nicht
machbar gewesen, durch Verschiebung planbarer Eingriffe und andere
Maßnahmen 30% der Intensivbetten für COVID-19-Patienten
freizuhalten. Der Grund liegt darin, dass bereits alle Intensivbetten durch
Nicht-COVID-19-Patienten belegt wären (selbst bei Korrektur für
die Einwohnerzahl). So gab es am 26.4. (d. h. einen Tag vor Empfehlung
des Bundesgesundheitsministeriums Elektiveingriffe wiederaufzunehmen [3]) einen Bedarf an 1980 Intensivbetten
für Nicht-COVID-19-Patienten (korrigiert für die Differenz der
Einwohnerzahl) [4]. Daher lag zumindest
ein Grund für die Vermeidung einer Überlastung deutscher
Intensivstationen in der relativ hohen Bettenzahl.