Gesundheitswesen 2021; 83(11): 910-918
DOI: 10.1055/a-1205-0948
Originalarbeit

Die Schuleingangsuntersuchung: Versuch einer Evaluation durch Befragung von Eltern, Kinderärzten und Schulen

The School Entrance Examination: Attempted Evaluation by Interviewing Parents, Pediatricians and Schools
Ursel Heudorf
1   Kinder- und Jugendmedizin, Gesundheitsamt Frankfurt, Frankfurtam Main
,
Inse Hauberg
1   Kinder- und Jugendmedizin, Gesundheitsamt Frankfurt, Frankfurtam Main
,
Maria Karathana
1   Kinder- und Jugendmedizin, Gesundheitsamt Frankfurt, Frankfurtam Main
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Zusammenfassung

Einleitung Schuleingangsuntersuchungen (SEU) durch den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst (KJGD) der Gesundheitsämter sind in Deutschland in allen Bundesländern vorgeschrieben, Untersuchungsumfang und -methoden sind in Landesverordnungen festgelegt. Eine Evaluation der gesamten SEU steht aber immer noch aus. Im Frühjahr 2018 wurde deswegen im Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main eine Befragung von Eltern, Schulen und Kinderärzten zur SEU durchgeführt.

Methode Mit eigens entwickelten Fragebögen wurden Eltern (freiwillig und anonym) sowie Leitungen von Grundschulen und Kinderärzte zu ihrer Einschätzung und ihren Erfahrungen mit der SEU befragt. Bestimmte Sätze waren mit einer 5-stufigen Likert-Skala zu bewerten. Für die Auswertung wurden die zustimmenden Antworten (stimme voll und ganz zu / stimme zu) und die ablehnenden Antworten (stimme nicht zu / stimme gar nicht zu) zusammengefasst.

Ergebnisse Insgesamt 2021 Eltern-, 46 Schul- und 37 Arztfragebögen konnten ausgewertet werden. Die Responserate der Eltern lag bei 90%, die der Schulen und Kinderärzte mit 45% und 56% deutlich schlechter. 91% der Eltern stuften die SEU zusätzlich zu den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt für sinnvoll ein, 94% hielten Hör- und Sehtests für besonders wichtig. 85% sahen in der SEU ein wichtiges Mittel, um Fördermaßnahmen rechtzeitig vor Schuleintritt vornehmen zu können. 91% der Schulleitungen stuften die Ergebnisse der SEU als hilfreich ein, 26% gaben an, dass wichtige Bereiche, u. a. Sozialverhalten in der SEU zu kurz kommen. Viele Schulleitungen wünschten sich mehr Unterstützung durch das Gesundheitsamt, z. B. zu Fragen der Inklusion (59%), durch Vorträge bei Elternabenden (61%) oder allgemeine Unterstützung zu gesundheitlichen Fragen (74%). Auch 91% der Kinderärzte stuften die SEU als sinnvoll ein. Allerdings wurden auch Fehleinschätzungen der Schulärzte und Verunsicherung der Eltern sowie zu seltener Austausch bemängelt.

Schlussfolgerung Die Rückmeldungen waren überwiegend positiv,der Stellenwert der SEU wurde von den Befragten nicht in Frage gestellt. Dennoch sollte der KJGD versuchen, dem Bedarf der Schulen nach mehr Unterstützung und dem Wunsch der Kinderärzte nach besserer Zusammenarbeit nachzukommen. Durch eine Modifikation der SEU könnten Kapazitäten für die weiteren wichtigen Aufgaben des KJGD geschaffen werden, z. B. die Untersuchung der Seiteneinsteiger, die Gesundheitsförderung in Schulen und die Beratung von Schulen.

Abstract

Introduction In Germany, school entry examinations (SEU) are mandatory in all (federal) states, the scope and methods of investigation are laid down in state ordinances. The SEUs are performed by the pediatric services (KJGD) of the public health departments. An evaluation of the entire SEU is still pending. Therefore, in 2018, an evaluation of the SEU was carried out in the health department of the city of Frankfurt am Main by interviewing parents, schools and pediatricians.

Method With specifically developed questionnaires, parents as well as administrators of elementary schools and pediatricians were asked about their assessment of and their experiences with the SEU. Certain sentences were to be rated on a 5-point Likert scale. For the evaluation, the positive answers (totally agree / agree) and the negative answers (disagree / strongly disagree) were summarized.

Results A total of 2,021 parental, 46 school and 37 physician questionnaires were evaluated. The response rate of parents was 90%, that of schools and pediatricians 45% and 56%, respectively and thus significantly worse. Ninety-one percent of parents rated the SEU as useful in addition to their pediatrician check-ups, and 94% considered hearing and vision tests to be particularly important. Eighty-five percent considered the SEU as an important means of undertaking support measures before school entry. Ninety-one percent of school administrators rated the results of the SEU as helpful, 26% of them stated that key areas, including social behavior were given insufficient consideration in the SEU. Many school administrators wanted more support from the health department, e. g. inclusion issues (59%), parenting evening lectures (61%) or general health support (74%). Ninety-one percent of pediatricians also rated the SEU positively. However, misjudgments of the school doctors and uncertainty of the parents as well as rare exchanges/communication were criticized.

Conclusion The overall feedback was positive and the significance of the SEU was not questioned. However, the KJGD should try to better meet the needs of schools for more support and pediatricians’ desire for better cooperation. Through a modification of the SEU, capacities could be created for other important tasks of the KJGD, for instance the examination of school newcomers from foreign countries, health promotion in schools, and medical advice to schools.



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Article published online:
31 August 2020

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