Im OP 2020; 10(01): 5
DOI: 10.1055/a-1023-9270
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Tobias Weimer
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Publication Date:
08 January 2020 (online)

Risikoaufklärung über Komplikationen einer Prothesen-Operation

Das BGH urteilte aktuell, dass Wahrscheinlichkeitsangaben im Rahmen der Selbstbestimmungsaufklärung vor einer ärztlichen Behandlung sich grundsätzlich nicht an den in Beipackzetteln für Medikamente verwendeten Häufigkeitsdefinitionen des Medical Dictionary for Regulatory Activities (MedDRA) zu orientieren haben. Dies gelte auch, wenn die Wahrscheinlichkeitsangaben in einem (schriftlichen) Aufklärungsbogen enthalten sind (amtl. Leitsatz).

Der Patient litt an einer medialen Gonarthrose und ließ sich endoprothetisch versorgen. In dem Aufklärungsformular heißt es unter anderem, dass es trotz größter Sorgfalt nach dem Eingriff zu Komplikationen kommen kann, die unter Umständen eine sofortige Behandlung erfordern. Genannt wurde eine im Laufe der Zeit gelegentliche Lockerung. So kam es und der Patient verlangte Schadensersatz wegen angeblicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit der Einbringung einer Knieprothese.

Der BGH lehnt die Heranziehung der Definitionen des MedDRA aus dem Arzneimittelbereich zur Definition des Begriffs „gelegentlich“ ausdrücklich ab. Der Laie käme mit den Definitionen des MedDRA regelmäßig (nur) über Packungsbeilagen für Medikamente in Berührung. Diese – vom sonstigen allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden – Definitionen hätten sich nicht für die die Eingriffsaufklärung betreffende Kommunikation zwischen Arzt und Patient allgemein durchgesetzt. „Gelegentlich“ bezeichnet eine gewisse Häufigkeit, die größer als „selten“, aber kleiner als „häufig“ ist. Eine konkrete (mathematische) Häufigkeitszahl ist dem Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch – jedenfalls außerhalb besonderer Kontexte – nicht zugeordnet, so der BGH.

BGH, Urteil v. 29.01.2019 – VI ZR 117/18