Der Nuklearmediziner 2019; 42(03): 165-166
DOI: 10.1055/a-0993-3275
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Univ.-Prof. Dr. Ulrich Büll

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03 September 2019 (online)

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Univ.-Prof. Dr. Ulrich Büll (25. September 1941 – 12. Juli 2019)

„Man kann die Hunde nicht zum Jagen tragen“

Am 12. Juli 2019 verstarb mit Prof. Ulrich Büll einer der wichtigen Pioniere unseres Faches. Nach der Gründung der Nuklearmedizin als eigenständiges Fach Ende der sechziger Jahre und Besetzung der ersten Lehrstühle in zum Beispiel München, Freiburg und Jülich gehörte er zur zweiten Generation und hat bedeutende Beiträge zur klinischen Anerkennung unseres Faches geleistet.

Nach seinem Studium der Medizin an der Ludwigs-Maximilian-Universität München, legte er 1967 sein Staatsexamen ab und promovierte noch im gleichen Jahr. Von 1969 bis 1974 schlug er eine medizinische Laufbahn auf dem Fachgebiet der Radiologie ein und habilitierte 1975 an der Medizinischen Fakultät der Universität München mit dem Thema „Nuklearmedizinische Diagnostik entzündlicher und degenerativer Erkrankungen der Hüft- und Kniegelenke sowie der Wirbelsäule“. Im Zuge seiner Habilitation wurde ihm im gleichen Jahr die Lehrbefugnis erteilt und es folgte die Ernennung zum Privatdozenten und Oberarzt. Von 1975 – 1980 baute er an der Universität in München die Abteilung für Nuklearmedizin auf und erhielt 1978 von der Bayerischen Landesärztekammer die Anerkennung zum Nuklearmediziner sowie die Ernennung zum Leitenden Oberarzt und Professor. Seit 1979 bildete er Ärzte im Gebiet der Nuklearmedizin für Diagnostik und Therapie aus, wurde in den Ausschuss „Hochschulfragen“ der Deutschen Röntgengesellschaft gewählt und war seit 1980 Mitglied der Sachverständigenkommission beim Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen. Nach seiner Anerkennung als Klinischer Prüfer für Radioaktive Arzneimittel durch das Bundesgesundheitsamt im Jahre 1980 wurde ihm die Leitung (C3-Professur) der Nuklearmedizinischen Abteilung der Radiologischen Klinik der Universität München anvertraut. 1981 wurde er in den Beirat der Gesellschaft für Nuklearmedizin – Europa – gewählt. Schon seit 1974 war sein berufliches Leben geprägt von Lehrtätigkeit, später, 1977 zunächst als Mitglied und 1978 dann als Vorsitzender einer Prüfungskommission für Ärztliche Prüfungen.

1985 folgte er schließlich dem Ruf auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Nuklearmedizin der RWTH in Aachen. Er etablierte in der Abteilung einen Diagnostikbereich für Patienten, Labore für Untersuchungen von Proben und radiochemische Analysen sowie eine speziell ausgestattete Bettenstation für die Applikation von offenen radioaktiven Stoffen zu Therapiezwecken. Durch diese umfassende Ausstattung wurde es möglich die gesamte Weiterbildung des Fachgebiets Nuklearmedizin anzubieten.

Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit waren im gesamten Spektrum des Faches, sprich der endokrinologischen, kardiovaskulären, neurologischen und onkologischen Nuklearmedizin angesiedelt. Besonders hervorzuheben ist eine Lancet Publikation aus dem Jahre 1989 zur Radioimmundiagnostik bei verschiedenen Tumorerkrankungen, weitere z. T. hochrangige Publikationen belegen die Kreativität und den Innovationsgeist dieser Phase. Prof. Büll hat selber zu dieser Phase folgenden Absatz geschrieben: „Als bleibende Errungenschaft für die Klinik für Nuklearmedizin der RWTH Aachen im UK Aachen können Erprobung und Nachweis des sinnvollen klinischen Einsatzes der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit 18-F-Deoxyglukose gelten, begonnen bereits 1992, ab 2000 stieg die Zahl der Untersuchungen deutlich an. Die Herauslösung des Verfahrens aus dem Elfenbeinturm der reinen Forschung durch Übertragung der Prinzipien des Stoffwechselscans auf z. B. den Glukoseverbrauch als Maß für die Vitalität von Geweben (erhöht z. B. Tumor, aktiviertes Gewebe; vermindert z. B. Narbe) war erfolgreich. Die Protokolle erlaubten auch den forscherischen Einsatz bei größeren Patientengruppen.“

Konsequenterweise erhielt er 1994 einen Ruf auf das Ordinariat für Nuklearmedizin der Universität Wien, AKH, den er zugunsten Aachens ablehnte. Im Rahmen der Bleibeverhandlungen konnte mit der Installation eines kleinen Zyklotrons im Jahre 1997 für die Klinik der wichtige Schritt in Richtung der Modernisierung der nuklearen molekularen Bildgebung gemacht werden.

Sein Oeuvre war gekennzeichnet von nationalen und internationalen Kongressen, denen er als Präsident vorstand, dem Standardwerk der damaligen Zeit „Büll-Schicha Nuklearmedizin“, der Herausgeberschaft und Mitgliedschaft im Editorial Board verschiedenster nationaler und internationaler Fachzeitschriften und einer Vielzahl von Publikationen, auf die er zu Recht auch immer stolz war.

Innerhalb der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen betätigte er sich zu dieser Zeit in verschiedenen verantwortlichen Positionen, so etwa in der Ethikkommission (1993 bis 2019) und als Vorsitzender des Strukturausschusses der Fakultät (1996 – 2000).

2006 emeritierte Prof. Büll, und im Folgejahr wurde er für sein Lebenswerk mit der Georg-von-Hevesy-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin ausgezeichnet. Sieben Schüler (Bares, Kirsch, Meyer, Moser, Reske, Sabri und Schreckenberger) von Prof. Büll haben selber universitäre Leitungsfunktionen erhalten, zudem konnten Schlüsselpositionen in wichtigen großen Krankenhäusern und auch eine Vielzahl von nuklearmedizinischen Praxen mit seinen Schülern besetzt werden.

2017 wurde ihm in Anerkennung und Würdigung seiner herausragenden Verdienste um die Nuklearmedizin die Ehrenmitgliedschaft der Rheinisch Westfälischen Gesellschaft für Nuklearmedizin verliehen.

Aus der Zeit der Weiterbildung seiner Ärztinnen und Ärzte stammt der für ihn so charakteristische Spruch „Man kann die Hunde nicht zum Jagen tragen“. So war Prof Büll ein fördernder aber auch fordernder Lehrer, der seinen Nachwuchs immer wieder im Interesse des Fachs angetrieben hat neue Erkenntnisse zu gewinnen und auch klinische Routineuntersuchungen zu optimieren. Hier sei z. B. an das legendäre Bulls-Eye erinnert.

Zusätzlich hat sich Prof Büll lange Jahre als Mitglied in der Ethikkommission in Aachen engagiert. Hier hat er sich immer insbesondere für die bildgebenden Verfahren eingesetzt und war auch hier ein wichtiger Wegbereiter und Unterstützer für unser Fach. Bis zuletzt hat er sich schriftlich und inhaltlich in der Ethikkommission intensiv eingebracht.

Wir vermissen ihn und seine unvergleichliche Art.

Felix M. Mottaghy, Hans-Jürgen Biersack und Wolfgang Schäfer