Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-0974-2409
Editorial
Publication History
Publication Date:
30 October 2019 (online)
Der „Markt“ ist erfinderisch, eine sehr pauschale Floskel, die aber im Bereich der psychotropen Substanzen eine besondere Dynamisierung widerspiegelt. Wir sehen diese Dynamisierung beispielsweise im Bereich der jährlich notwendigen Anpassungen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) oder aber auch im „Nicht-BtM-Bereich“, wenn man sich z. B. die Entwicklungen der Nikotinapplikationen in den USA anschaut. Störungen durch psychotrope Substanzen verdienen daher eine besondere Beachtung und machen eine stetige Fort- und Weiterbildung sowie wissenschaftliche Begleitung unabdingbar. Dabei hat die Integration von Suchtforschung und Suchttherapie in die Medizin in den vergangenen Jahren große Fortschritte erlebt. Durch Erkenntnisse zur Interaktion neurobiologischer und psychosozialer Faktoren von Suchterkrankungen konnte eine pragmatische, an evidenzbasierten Kriterien orientierte Therapie etabliert werden, die nicht primär von traditionellen „therapeutischen Haltungen“, sondern von evidenzbasierten Konzepten getragen ist [1], [2]. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnten inzwischen für alle Bereiche der Suchtmedizin wissenschaftlich begründete Therapiestandards entwickelt werden. Die Behandlungsoptionen beinhalten pharmakotherapeutische, psychotherapeutische und soziotherapeutische Maßnahmen. Entscheidend ist, dass in den vergangenen Jahren die Integration vorher scheinbar gegensätzlicher Behandlungsprinzipien gelungen ist und heute pharmakotherapeutische und psychosoziale Maßnahmen in einem rationalen Therapieansatz in Kombination zur Anwendung kommen. Ein sehr gutes Beispiel ist der Umgang mit dem „Abstinenzgebot“: Forderung nach Abstinenz kann nicht – wie häufig in der klinischen Praxis – zur Voraussetzung für die Therapie gemacht werden. Getragen von dieser Erkenntnis, beginnt die Suchttherapie heute zum frühestmöglichen Zeitpunkt, häufig als motivationale Intervention, mit dem Ziel, eine Veränderungs- und Behandlungsbereitschaft aufzubauen und zu stärken. Ganz ähnliche Entwicklungen zeichnen sich auch bei den nicht-stoffgebundenen Erkrankungen ab, wir werden dies künftig mit Interesse verfolgen können, sicher auch bei PSYCH up2date.
-
Literatur
- 1 Schmidt LG, Gastpar M, Falkai P, Gaebel W. (Hrsg.) Evidenzbasierte Suchtmedizin. Behandlungsleitlinie Substanzbezogene Störungen. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag; 2006
- 2 Soyka M, Batra A, Heinz A, Moggi F, Walter M. (Hrsg.) Suchtmedizin. München: Urban & Fischer in Elsevier (Verlag); 2018