Sportphysio 2019; 07(04): 156-158
DOI: 10.1055/a-0970-0699
Research
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
11 September 2019 (online)

Achillessehnenrupturen: operative vs. konservative Behandlung

Die Achillessehnenruptur ist eine häufig anzutreffende Verletzung mit einer Inzidenz von 31 pro 100 000 im Jahr, wobei neue Studien eine zunehmende Häufigkeit angeben, was auf eine aktivere ältere Bevölkerung schließen lässt. Am häufigsten tritt eine Ruptur im Alter zwischen 37 und 44 Jahren auf. Metaanalysen haben gezeigt, dass eine operative Behandlung das Risiko einer Reruptur im Vergleich zur konservativen Behandlung deutlich reduziert. Die operative Behandlung führt jedoch zu einem signifikanten Anstieg anderer Komplikationen.

Die Autoren verglichen deshalb die Rerupturrate, Komplikationsrate und funktionelle Ergebnisse nach operativer vs. konservativer Behandlung jeweils nach frühzeitiger und späterer Vollbelastung und nach frühfunktioneller Rehabilitation mit frühzeitiger Bewegungsfreiheit. Sie suchten in PubMed/Medline, Embase, CENTRAL und CINAHL nach Literatur und schlossen 29 Studien ein, darunter 10 RCTs (mit insgesamt 944 Patienten) und 19 Beobachtungsstudien (14 918 Patienten). 9375 Patienten wurden operiert und 6487 konservativ versorgt.

Die Ergebnisse zeigten, dass 2,3 % der Patienten nach der operativen Behandlung eine Reruptur erlitten, gegenüber 3,9 % der Patienten nach konservativer Therapie (Risikodifferenz 1,6 %). Die operative Behandlung führte zudem zu einer deutlich höheren Komplikationsrate als die konservative (4,9 % vs. 1,6 %; Risikodifferenz 3,3 %). Der Hauptunterschied in der Komplikationsrate war auf die Infektionshäufigkeit (2,8 %) in der operativen Gruppe zurückzuführen. Eine ähnliche Verringerung der Rerupturrate zugunsten der operativen Behandlung stellten die Autoren sowohl nach früher als auch nach späterer Vollbelastung fest. In Studien, die eine frühfunktionelle Rehabilitation untersuchten, wurde kein signifikanter Unterschied in der Rerupturrate zwischen operativer und konservativer Behandlung festgestellt. Die Autoren fassen zusammen, dass die endgültige Entscheidung über das Management einer Achillessehnenruptur auf patientenspezifischen Faktoren und einer gemeinsamen Entscheidungsfindung beruhen sollte.

FAZIT

Leider ist der Vergleich der Literatur aufgrund einer Vielzahl von Rehabilitationsprotokollen, Gewichtsbelastungseinschränkungen, Behandlungsmodalitäten, patientenorientierten Outcome-Messungen und Dauer der Nachsorge nach wie vor schwierig. Die Diskrepanz zwischen den Studien erschwert Vergleiche zwischen den Behandlungsmodalitäten, was auf einen erheblichen Forschungsbedarf hindeutet. Die Ergebnisse zeigten, dass eine operative Behandlung das Risiko einer Reruptur im Vergleich zur konservativen Versorgung reduziert, gleichzeitig aber das Risiko für Komplikationen erhöht. Diese Ergebnisse stimmen mit denen früherer Metaanalysen überein. Eine Verzerrung in dem Review könnte der Einschluss von Beobachtungsstudien sein, welche mit einer Überschätzung der Behandlungseffekte im Vergleich zu RCTs in Verbindung gebracht werden. Denn diese erhöhen den Stichprobenumfang, was zur Überbewertung kleiner Behandlungseffekte und seltener Outcome-Messungen führen könnte. Zusammenfassend kann die konservative Versorgung die bevorzugte Behandlungsoption bei einer Achillessehnenruptur sein, da das Komplikationsrisiko nach der operativen Behandlung höher ist, während der Vorteil einer geringeren Rupturrate niedrig ist. Allerdings müssen patientenindividuelle Faktoren berücksichtigt und Patienten über Komplikationen aufgeklärt werden.

AUF EINEN BLICK

Design: Systematisches Review mit Metaanalyse

Teilnehmer: 15 862 Patienten mit Achillessehnenruptur

Parameter: Rerupturrate nach operativer vs. konservativer Versorgung

Resultate: Die operative Behandlung reduziert das Risiko einer Reruptur im Vergleich zur konservativen Behandlung. Die Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen waren jedoch gering, mit einer Risikodifferenz von 1,6 %. Und die operative Behandlung führte zu einem 3,3 % höheren Risiko für Komplikationen.

LINKS

Treue Leser erinnern sich möglicherweise an den Achilles Tendon Rupture Score (ATRS), den wir in Heft 3/14 der Sportphysio in dem Artikel von Igor JR Tak (Hockey: Der „Tritt auf die Wade“) vorgestellt haben. Der Test ist laut Kenntnis der Redaktion in der deutschen Übersetzung noch immer nicht validiert.

Der Link zu dem Artikel bei Thieme Connect ist: http://bit.ly/tritt_auf_die_wade. Alternativ können Sie auch den QR-Code scannen, um den Artikel noch einmal zu lesen.

Katrin Veit

Ochen Y, Beks RB, van Heijl M et al. Operative treatment versus nonoperative treatment of Achilles tendon ruptures: Systematic review and meta-analysis. BMJ 2019; 364: k5120