Notfallmedizin up2date 2020; 15(01): 79-92
DOI: 10.1055/a-0944-8480
Traumatologische und chirurgische Notfälle
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die präklinische Behandlung von Patienten mit Wirbelsäulentrauma

Jana Wehling
,
Christian Herren
,
Philip-Christian Nolte
,
Michael Kreinest
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. Februar 2020 (online)

Dieser Artikel möchte den aktuellen Stand der präklinischen Untersuchung und Behandlung von Patienten mit Wirbelsäulentrauma zusammenfassen. Hiermit einher geht auch die Indikationsstellung im Bereich der Patientenrettung und der Immobilisation der Wirbelsäule.

Kernaussagen
  • Rund 10% aller Unfallverletzten ziehen sich eine schwere Wirbelsäulenverletzung zu.

  • Beim polytraumatisierten Patienten ist das Risiko für eine Verletzung an der Wirbelsäule deutlich erhöht.

  • Der neurogene Schock ist eine distributive Schockform, bei welcher es aufgrund eines Verlusts des Symphathikotonus zu einer Hypovolämie und Bradykardie kommt.

  • Der spinale Schock beschreibt jede Rückenmarkläsion, welche zu einem sensomotorischen Ausfall führt. In der Initialphase des Querschnitts ist der spinale Schock durch eine schlaffe Muskellähmung und Areflexie gekennzeichnet.

  • Traumapatienten mit Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung werden nach dem ABCDE-Schema untersucht und behandelt.

  • Die neurologische Untersuchung steht der initialen Untersuchung und Erhaltung der Vitalparameter immer hintenan.

  • Neurologische Defizite weisen häufig eine Dynamik auf, weshalb die kontinuierliche Re-Evaluation essenziell ist.

  • Die Indikation zur präklinischen Immobilisation soll anhand einer Entscheidungsregel (NEXUS-Kriterien, Canadian C-Spine Rule, E. M. S. IMMO Protocol) getroffen werden.

  • Die alleinige Verwendung einer Zervikalstütze ist für eine adäquate Immobilisation der Halswirbelsäule nicht ausreichend. Eine ausreichende Immobilisation der Halswirbelsäule ist nur durch die Ganzkörperimmobilisation zu erreichen.

  • Eine adäquate Immobilisation der Wirbelsäule kann nach aktuellem Standard nur durch eine Ganzkörperimmobilisation in Rückenlage mit kompletter Fixierung des Kopfes und des Rumpfes erreicht werden.

  • Bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma ist die Anlage einer Zervikalstütze umstritten.