Balint Journal 2019; 20(02): 48-50
DOI: 10.1055/a-0923-5309
Leserbrief
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Publication Date:
27 June 2019 (online)

Regine Mahrer - 27.1.2019 Basel zum Artikel: Zum Umgang mit kritischen Ereignissen in der Balintgruppe – ein Werkstattbericht, von Wolf Langewitz et al., Balint 2018; 19: 54–60[1]

Der Erstautor Wolf Langewitz hat in der Silser Studienwoche 2017 ein Seminar für Balintgruppenleiter angeboten, dessen Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Co-Autoren und Co-Autorinnen des Artikels sind. Sein Skript lag uns Leitern der Silser Balintstudienwoche als Grundlage für eine angeregte Diskussion vor, die wir im Rahmen der jährlich stattfindenden fachlichen Retraite führten. Im folgenden Kommentar fließen die dort diskutierten Inhalte und Fragen mit ein; ich stehe jedoch für die folgenden Überlegungen alleine ein, auch wenn einzelne Kollegen und Kolleginnen sich in ihren Haltungen darin finden sollten.

Der Autor beschreibt, wie mithilfe der Methode von Critical Incident Protokollen (CIP), die sich ursprünglich auf Kommunikationsprobleme bei Flugzeugabstürzen im 2. Weltkrieg bezogen, Leiterinterventionen von Balintgruppen bearbeitet werden. In einem ersten Analyseschritt in der Anfangsphase einer Gruppenarbeit ließen sich die wesentlichen Probleme aufgrund der Leitung bzw. aufgrund der ersten Reaktionen der Teilnehmer zuordnen. Es wird gezeigt, wie im Mittelteil die Arbeit mit den Assoziationen und Kommentaren der Gruppenmitglieder ausgeführt wird und im dritten Teil werden mögliche Leiterinventionen mithilfe von Rollenspielen erprobt und aufgeschrieben. Dabei geht es darum, wie nicht wirklich gelungene oder vermisste Leiterinterventionen erinnert und notiert werden. Der Autor plädiert für eine Haltung des Leiters, in der sich dieser nicht vorzeitig festlegen und das Material zu schnell interpretieren soll. Er beschreibt als Charakteristikum der Balintarbeit den Umgang mit und die Bearbeitung von nicht deterministischem Material, das nicht ohne weiteres kategorial einzuordnen sei. Theoretisch einordnen ließe sich der Umgang mit dem reichhaltigen Vagen und Unbestimmten am ehesten mit dem Begriff der Situation aus der Neuen Phänomenologie, wobei auf Hermann Schmitz Bezug genommen wird. Gerne nehme ich den Ball auf, um offen über die dargelegten Inhalte und Thesen auch in schriftlicher Form zu debattieren, wie es der Hauptautor am Schluss seines Artikels anregt. Seine phänomenologische Sichtweise der Balintarbeit ist mir als Psychoanalytikerin eine Herausforderung, die klassische (aber nicht stehengebliebene) Balintarbeit dieser gegenüberzustellen. Ich werde dies jedoch in diesem Rahmen nur in einzelnen Punkten tun können.