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DOI: 10.1055/a-0892-5455
Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland
Publication History
Publication Date:
05 March 2020 (online)
Vorsorge- und Krankheitsfrüherkennungsprogramme für Kinder sind wichtige Elemente der primären und sekundären Prävention in dieser Altersgruppe. Wesentliche Inhalte sind vorausschauende Beratung und Screening auf frühe Symptome behandelbarer Erkrankungen. Ein entsprechendes Programm wurde in Deutschland im Jahr 1971 etabliert und seither ständig ausgebaut und verbessert. Dieser Beitrag erläutert die aktuellen Inhalte und deren Hintergründe.
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Gesundheitsförderung richtet sich nicht auf die Verhinderung bestimmter Krankheiten, sondern auf die Förderung der Gesundheit („Salutogenese“).
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Primäre Prävention will das Auftreten bestimmter Gesundheitsstörungen verhindern (Rachitis, Karies, Unfälle, Übergewicht, Arteriosklerose etc.)
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Sekundäre Prävention will bestehende Krankheiten erkennen, um das Auftreten von Krankheitssymptomen zu verhindern oder die Prognose zu verbessern. Ein Screening ist nur dann gerechtfertigt, wenn spezifische Kriterien erfüllt sind.
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Tertiäre Prävention will die Verschlechterung chronischer Krankheiten verhindern, quartäre Prävention will Folgeschäden zu vermindern.
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Welche Präventionsmaßnahmen für Kinder von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, regelt die Kinder-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
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Laut Kinder-Richtlinie werden von der Geburt bis zum 6. Lebensjahr 10 Früherkennungsuntersuchungen mit primärpräventiver Beratung angeboten. Die Teilnahmerate liegt nach Welle 2 der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS) bei 98 – 99,7% [21].
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Für Neugeborene und Säuglinge werden Screening-Tests auf kritische angeborene Herzfehler, Hormon-, Stoffwechsel- und Immunstörungen, Hörstörungen und Hüftdysplasien empfohlen.
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Ziele sind das Erkennen von Fehlbildungen und Erkrankungen, psychosozialen Belastungen, Störungen der Eltern-Kind-Interaktion, der somatischen und psychomotorischen Entwicklung, des Hörens und Sehens sowie von Gefährdung des Kindeswohls.
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Ein weiteres Ziel ist die Minimierung altersspezifischer Risiken durch primärpräventive Beratung der Eltern.
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Literatur
- 1 Antonovsky A. Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Deutsche erweiterte Ausgabe von A. Franke. Tübingen: dgvt; 1997
- 2 Wilson JMG, Jungner G. Principles and practice of screening for disease. WHO Public Health Paper 1968; 343: 26-27
- 3 Dobrow MJ, Hagens V, Chafe R. et al. Consolidated principles for screening based on a systematic review and consensus process. CMAJ 2018; 190: E422-E429 doi:10.1503/cmaj.171154
- 4 Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (Kinder-Richtlinie) in der Fassung vom 18. Juni 2015, veröffentlicht im Bundesanzeiger AT 18.08.2016 B1, zuletzt geändert am 22. November 2018, veröffentlicht im Bundesanzeiger AT 08.02.2019 B2, in Kraft getreten am 9. August 2019. Im Internet: http://www.g-ba.de/downloads/62-492-1905/Kinder-RL_2018-11-22_iK_2019-08-09.pdf Stand: 19.08.2019
- 5 Arbeitsgruppe Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Betreuung des gesunden Neugeborenen in Kreißsaal und Kinderzimmer. Monatsschr Kinderheilkd 2018; 166: 808-813, doi:10.1007/s00112-018-0458-6
- 6 Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Stellungnahme zum Pulsoximetrie-Screening zur Erfassung von kritischen angeborenen Herzfehlern im Neugeborenenalter (02.11.2013). Im Internet: http://www.kinderkardiologie.org/fileadmin/user_upload/Stellungnahmen/POS%20Stellungsnahme%20DGPK2%2011%2013%20final.pdf Stand: 31.08.2019
- 7 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechselstörungen, Endokrinopathien und Mukoviszidose (02.2019). AWMF-Register-Nr. 024/012. Entwicklungsstufe S2k. Im Internet: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-012l_S2k_Neugeborenenscreening_2019-04.pdf Stand: 31.08.2019
- 8 Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Endbericht zur Evaluation des Neugeborenen-Hörscreenings 2011/2012 im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (15.01.2017). Im Internet: http://www.g-ba.de/downloads/40-268-4395/2017-05-18_Kinder-RL_Annahme_Endbericht_NHS-Bericht.pdf Stand: 06.01.2020
- 9 Kolb A, Windhager R, Chiari C. Kongenitale Hüftdysplasie, Screening und Therapie. Monatsschr Kinderheilkd 2016; 164: 323-333
- 10 American Academy of Pediatrics (AAP), Section on Orthopaedics. Evaluation and Referral for Developmental Dysplasia of the Hip in Infants. Pediatrics 2016; DOI: 10.1542/peds.2016-3107.
- 11 Wildhaber BE. Biliary Atresia: 50 Years after the First Kasai. International Scholarly Research Network Surgery 2012; DOI: 10.5402/2012/132089.
- 12 Borgeat M, Korff S, Wildhaber BE. Newborn biliary atresia screening with the stool colour card: a questionnaire survey of parents. BMJ Pediatrics 2018; DOI: 10.1136/bmjpo-2018-000269.
- 13 Michaelis R, Berger R, Nennstiel-Ratzel U. et al. Validierte und teilvalidierte Grenzsteine der Entwicklung. Ein Entwicklungsscreening für die ersten drei Lebensjahre. Monatsschr Kinderheilkd 2013; 161: 898-910 doi:10.1007/s00112-012-2751-0
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- 17 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Prophylaxe von Vitamin-K-Mangel-Blutungen (VKMB) bei Neugeborenen (09.03.2016). AWMF-Register Nr. 024/022. Entwicklungsstufe S2k. Im Internet: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-022l_S2k_Prophlaxe_Vitamin_K_Mangel_Neugeborene_2016-04.pdf Stand: 10.06.2019
- 18 Ernährungskommission der DGKJ. Vitamin-D-Supplementierung jenseits des zweiten Lebensjahres. Monatsschr Kinderheilkd 2018; DOI: 10.1007/s00112-018-0502-6.
- 19 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe (2013, wird zurzeit überarbeitet). AWMF-Register Nr. 083/001. Entwicklungsstufe S2k. Im Internet: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083-001l_S2k_Fluoridierungsmaßnahmen_zur_Kariesprophylaxe_2013-01-abgelaufen.pdf Stand: 03.08.2019
- 20 Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Für gesunde Zähne. Fluorid-Vorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern. Stellungnahme Nr. 015/2018 (31.05.2018). doi:10.17590/20180531-085715-0
- 21 Schmidtke C, Kuntz B, Starker A. et al. Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2. J Health Monit 2018; DOI: 10.17886/RKIGBE2018093.