Pneumologie 2019; 73(06): 377
DOI: 10.1055/a-0878-0795
Nachruf
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Nachruf Doz. Dr. med. habil. Johannes Vogel (*8. 2. 1927, † 28. 11. 2018)

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Publication Date:
11 June 2019 (online)

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Doz. Dr. med. habil. Johannes Vogel.

Einer der großen Forscher und Wissenschaftler der deutschen Pneumologie ist im hohen Alter von 91 Jahren im November letzten Jahres von uns gegangen.

Johannes Vogel und pathophysiologische Grundlagen der Funktionsdiagnostik waren ein untrennbarer Begriff.

Der Schlüssel zur Pneumologie war eine eigene Lungen-Tbc der Nachkriegszeit, die ihn zunächst als Patient, dann als Assistenzarzt an die Lungenheilstätte Bad Reiboldsgrün brachte. Zuvor war Vogel nach seinem Medizinstudium in Rostock und Halle/Saale schon wissenschaftlicher Assistent am Institut für experimentelle Pathologie der Universität Halle. Hier lernte Vogel bei Franz Palme die Grundlagen der Pathophysiologie und konnte unter seiner Leitung promovieren.

Die folgenden Jahre waren der Weiterbildung zum Facharzt für Lungenkrankheiten gewidmet, mit dem sehr frühen Aufbau einer Abteilung für Lungen- und Kreislauffunktionsprüfungen und erster Forschungstätigkeit im Themenbereich „Atmungsmechanik und Gaswechsel“. Nach der Facharztanerkennung erfolgten bereits 1959 der Aufbau und die Leitung der Abteilung Pathophysiologie am Forschungsinstitut für Tuberkulose und Lungenkrankheiten in Berlin-Buch unter Paul Steinbrück.

Die weitere wissenschaftliche Profilierung nach Anerkennung als Facharzt für Pathophysiologie 1960 absolvierte Vogel sehr konsequent in Richtung der angewandten Physiologie, Pathophysiologie und Funktionsdiagnostik der Lunge: 1965 Habilitation an der Med. Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, 1966 Berufung zum Dozenten für Pathologische Physiologie, 1967 Ernennung zum Medizinalrat, 1971 Honorarprofessur des Bereiches Medizin an der Charité. In der Folgezeit als Chefarzt der Abteilung Pathophysiologie: intensive Forschungs- und Lehrtätigkeit als Leiter der zentralen Fortbildungslehrgänge „Respiratorische Funktionsdiagnostik“, Mitglied der Facharztkommission Pathophysiologie, der Berufsfachkommission MTA-Funktionsdiagnostik, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für klinische und pathologische Physiologie der DDR, Mitglied im Exekutivkomitee der Europäischen Gesellschaft für klinische Physiologie der Atmung.

Vogels wahrscheinlich wichtigster Beitrag zur Physiologie und Pathophysiologie der Lunge war der Nachweis der Plastizität der Lunge. Diese wissenschaftlich völlig neuen Befunde präsentierte er bereits 1956 bei den Bad Oeynhausener Gesprächen erstmalig einem internationalen Publikum. Sein umfassendes Verständnis der Physiologie der Lunge ließ ihn einen Beatmungsspirografen so umfassend entwickeln, dass er bereits vor mehr als 60 Jahren alle Beatmungsformen beziehungsweise Beatmungsmuster, die heute in den modernsten Beatmungsgeräten möglich sind, anwenden konnte.

Vogel war stets ein Motor wissenschaftlicher, angewandter Forschung, ein großer begeisternder Lehrer, ein Querdenker mit sagenumwobener Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit, ein Unruhegeist im forschenden Voranschreiten und ein bemerkenswerter Förderer. Seine Abteilung war eine Geburtsstätte junger Wissenschaftler mit einer Vielzahl von Promovenden und Habilitanden (Lachmann, Bergmann, Wuthe, Petro).

Seine Abteilung war eine Insel des Freigeistes und der Toleranz in einer schwierigen Zeit voller Begrenzungen.

Vogel war ein uneinnehmbarer Fels in der doktrinären Brandung einer vergangenen Zeit, mutig, aufrichtig und unabhängig in seinem Geist und seinem Tun. Ein großes Vorbild für die Jüngeren.

Nach einem langen Leben voll beruflicher und menschlicher Erfüllung hat ein großer Arzt, Forscher und Lehrer uns für immer verlassen.

K. Ch. Bergmann
B. Lachmann
W. Petro
H. Smith
A. Wilke

Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Wolfgang Petro
Rinckstraße 7
83435 Bad Reichenhall
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