Diabetes aktuell 2019; 17(03): 96
DOI: 10.1055/a-0873-5669
Zum Thema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vom Labor zum Patienten – Translationale Diabetesforschung

Hans-Ulrich Häring
,
Martin Hrabe de Angelis
,
Michael Roden
,
Annette Schürmann
,
Michele Solimena
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Publication History

Publication Date:
17 May 2019 (online)

Aktuelle Untersuchungen zeigen es – in Deutschland erkranken immer mehr Menschen an Diabetes. Bis zum Jahr 2040 könnten bis zu 12 Millionen Menschen an der Stoffwechselerkrankung leiden. Diese dramatischen Zahlen machen deutlich, wie dringend neue wirksame Präventionsmaßnahmen und innovative Behandlungsformen benötigt werden.

Um Diabetes besser vorbeugen und behandeln zu können, sowie um Folgeerkrankungen zu vermeiden, haben sich 2009 auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung exzellente universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) zusammengeschlossen. Ziel des DZD ist es, Erkenntnisse und Ergebnisse der Diabetesforschung schnellstmöglich vom Labor in klinische Studien und anschließend zum Patienten zu bringen. Mehr als 400 Experten unterschiedlicher Disziplinen wie Grundlagenforschung, Epidemiologie, Versorgungsforschung und klinischer Forschung arbeiten gemeinsam an neuen personalisierten Präventions- und Therapiekonzepten. Mit diesem interdisziplinären Team führt das DZD Forschungsprojekte zu den drängendsten Fragen der Diabetesforschung durch: Welche Gene sind an der Stoffwechselerkrankung beteiligt? Wie wirken sich Umweltfaktoren wie zu Beispiel die Ernährung auf den Aktivitätszustand von Genen aus? Welche Rolle spielen Leber oder Gehirn bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes? Mit welchen weiteren Erkrankungen ist Diabetes assoziiert? Wie lassen sich Betazellen schützen? Wie kann man die Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes frühzeitig erkennen bzw. sogar vermeiden?

In diesem Jahr feiert das DZD sein zehnjähriges Bestehen. Seit seiner Gründung im Jahr 2009 konnte das DZD bereits zahlreiche wichtige Forschungserfolge erzielen. So ist es dem DZD mit Hilfe von genetischen, zellbiologischen und tierexperimentellen Techniken beispielsweise gelungen, die molekularen Mechanismen des Diabetes weiter zu entschlüsseln. Es konnten darüber hinaus aber auch neue Gene identifiziert werden, die mit Diabetes assoziiert sind, sowie epigenetische und biochemische Regulationswege aufgeklärt werden. Diese Erkenntnisse eröffnen nun neue Ansatzpunkte für künftige individuelle Therapien. In großen Bevölkerungsstudien untersuchen Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen von Umwelt, Lebensstil und Genen auf die Entstehung des Diabetes mellitus. Dabei wurden u.a. neue Biomarker und Indikatoren entdeckt, die zukünftig helfen können, die Diagnose von Prädiabetes bzw. Diabetes zu verbessern. Mithilfe des DIfE – DEUTSCHER DIABETES-RISIKO-TEST® können Erwachsene ermitteln, wie hoch ihr Risiko ist, in den kommenden 5 Jahren an Diabetes zu erkranken. Um personalisierte Präventions- und Therapiemaßnahmen, d.h. die passende Behandlung für die richtige Patientengruppe zur richtigen Zeit, entwickeln zu können, hat das DZD bundesweite klinische Multicenterstudien aufgelegt. Außerdem haben DZD-Experten bereits erste neue Wirkstoffkandidaten und Angriffspunkte für innovative Medikamente entdeckt, die es nun zu validieren und weiterzuentwickeln gilt.

Im Bereich des Typ-1-Diabetes ist es dem DZD gelungen, weitere Mechanismen zu entschlüsseln, die zur Entstehung der Autoimmunerkrankung führen, sowie Marker zu identifizieren, die eine frühe Diagnose ermöglichen. Eine Typ-1-Diabetes-Erkrankung möglichst zeitig im Kindesalter vorherzusagen, kann helfen, Risikopatienten zu identifizieren und zukünftig vielleicht prophylaktisch zu behandeln. In verschiedenen Studien wird derzeit untersucht, ob sich durch eine Art Desensibilisierung –durch die Gabe von oralem Insulin – bei Risikopatienten der Ausbruch der Autoimmunerkrankung verzögern oder gar vermeiden lässt. In diesem Schwerpunkt stellen wir einige aktuelle Ergebnisse aus der translationalen Diabetesforschung vor. Als Sprecher des Deutschen Zentrum für Diabetesforschung wünschen wir Ihnen eine spannende Lektüre.