Pneumologie 2019; 73(05): 255
DOI: 10.1055/a-0838-3653
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Leserinnen und Leser,

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Publication Date:
18 April 2019 (online)

die Ausgabe der Pneumologie, die Sie in Ihren Händen halten, enthält zwei Artikel zu dem Thema „Luftschadstoffe“. Dieses Thema hat die deutsche Pneumologie in den vergangenen Wochen in den Mittelpunkt des nationalen und internationalen öffentlichen Interesses katapultiert. Insbesondere in Deutschland wurde die Auseinandersetzung über die hiermit verbundenen Fragestellungen in nicht unbeträchtlichem Maße im Rahmen von Talkshows und TV-Beiträgen geführt, und somit in einem medialen Umfeld, das einer sachlichen Auseinandersetzung über diese Themen in meinen Augen in keiner Weise zuträglich war. So entstand der Eindruck, dass nicht nur eine durchaus überschaubare Gruppe von „Lungenärzten“ sich veranlasst sah, eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit von aktuellen Grenzwerten zu führen, sondern dass „die Lungenärzte“ in ihrer Gänze die Grenzwerte für Luftschadstoffe „insgesamt für ungerechtfertigt“ ansehen. Diese medial aufgeheizte Diskussion hat der deutschen Pneumologie ohne Zweifel nicht gut getan und vermutlich auch langfristig geschadet.
Als Herausgeber der Pneumologie ist es mir ein dringendes Anliegen, in dieser verfahrenen Situation dem wissenschaftlich fundierten Diskurs wieder zu seinem Recht zu verhelfen. Daher habe ich mich entschlossen, ein unter der Federführung von Prof. Köhler entstandenes Manuskript zum Thema, trotz nicht unerheblicher persönlicher Bedenken, zu publizieren. Damit ergibt sich die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit einem Manuskript anstelle von Schlagzeilen und Talkshow- Statements.
Diese Entscheidung ruht allein auf meinen Schultern, und insofern bin auch ich der Adressat jeglicher Kritik hieran.
Das Manuskript von Prof. Köhler war in meinen Augen in der aktuellen Situation nicht im klassischen Sinne begutachtungsfähig, da das Ergebnis der Begutachtung je nach Auswahl der Gutachter determiniert gewesen wäre. Daher habe ich selbst das Manuskript rein formal begutachtet, und es sind entsprechende Revisionen von den Autoren vorgenommen worden.
Das Manuskript erscheint in unserer Rubrik „Standpunkt“, in der wir traditionell Manuskripte veröffentlichen, die einen subjektiven Aspekt der Autoren enthalten, der nicht begutachtungsfähig ist, aber trotzdem verspricht, die wissenschaftliche Diskussion über ein Thema anzuregen.
In diesem Sinne ist auch die zweite Publikation zu diesem Thema zu verstehen. In dieser und den kommenden Ausgaben werden wir die Artikel der DGP-Publikation „Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit“ als Übersichtsarbeiten in gering veränderter und aktualisierter Version publizieren, da ich der Meinung bin, dass diese Artikel in der Pneumologie für unsere Leserinnen und Leser und die wissenschaftliche Gemeinschaft greifbarer sind, als eine alleinige Internetpräsentation es sein kann.
Über allem steht mein ernsthafter Wunsch, dass die deutsche Pneumologie in einer so bedeutsamen Frage zu einem wissenschaftlich fundierten Diskurs zurückfindet, der in den vergangenen Wochen im medialen Trubel selbst innerhalb unserer Fachgesellschaft bedauerlicherweise verloren gegangen ist.
Lassen Sie uns also die Diskussion wieder „auf die Füße stellen“! Sie muss dabei von der Prämisse geleitet sein, dass wir als Pneumologinnen und Pneumologen nicht nur eine große Verantwortung für unsere Patienten tragen, sondern in diesem Fall auch für all diejenigen, die möglichst nie unsere Patienten werden sollen.In der Hoffnung auf Ihr Verständnis für meine ganz sicher nicht leichtfertig getroffenen Entscheidungen verbleibe ich mit den besten kollegialen Grüßen als
Ihr

Tom Schaberg