PSYCH up2date 2019; 13(05): 375-390
DOI: 10.1055/a-0748-9087
Organische psychische Störungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Alzheimer-Demenz: Neurobiologie, Diagnostik und experimentelle Ansätze

Jens Wiltfang
,
Caroline Bouter
,
Ulrike Schmidt
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Publication History

Publication Date:
04 September 2019 (online)

Liquormarker und bildgebende Verfahren helfen bei der Stellung der Diagnose der Alzheimer-Demenz (AD), die sich aktuell nur anhand histopathologischer Charakteristika definitiv sichern lässt. Letztere sind bereits vor Symptomentwicklung nachweisbar, weshalb die Identifikation von Biomarkern zur Früherkennung der derzeit nicht kausal behandelbaren, AD angestrebt wird, um den rechtzeitigen Einsatz von präventiven Therapien zu ermöglichen.

Kernaussagen
  • Die Alzheimer-Demenz (AD) ist eine schleichend progrediente Erkrankung mit einer häufigen, nach dem 65. Lebensjahr, und einer seltenen, vor dem 65. Lebensjahr auftretenden Verlaufsform – zu letzterer gehören die familiären autosomal-dominant vererbbaren Formen.

  • Die AD ist mit einer erhöhten glutamaterg-vermittelten Neurotoxizität und einem cholinergen Neurotransmitterdefizit verbunden.

  • Ihre wichtigsten histopathologischen Charakteristika sind Aβ-Amyloid-Plaques und Neurofibrillenbündel. Der Hauptbestandteil der Aβ-Plaques sind die Peptide Aβ1-40 und Aβ1-42, während hyperphosphosphorylierte Tau-Proteine den Hauptbestandteil der Neurofibrillenbündel darstellen.

  • Punktmutationen in den Genen von Präsenilin 1 und 2 sowie Amyloid-Precursor-Protein (APP) verursachen die frühe familiäre AD. Zudem gibt es sog. Risikogenvarianten, u. a. im Gen APOE4, die mit einem deutlichen höheren AD-Erkrankungsrisiko assoziiert sind.

  • Neueste Studien zur Pathophysiologie der AD konzentrieren sich auf die epigenetische Regulation AD-assoziierter Gene.

  • Es gibt 2 Forschungskriteriensätze zur AD-Diagnostik (NIA-AA und IWG), wobei die im Frühjahr 2018 aktualisierten NIA-AA-Kriterien einen Paradigmenwechsel darstellen, da keine klinischen Symptome mehr zur Evaluation der diagnostischen Sicherheit herangezogen werden, sondern ausschließlich Konstellationen von Bildgebungs- und Liquormarkern.

  • Die aktuelle AD-Forschung konzentriert sich zum einen auf die Verbesserung der AD-Diagnostik im präsymptomatischen Stadium und zum anderen auf die Entwicklung neuer Antidementiva.

  • Bis auf die die Glutamatausschüttung hemmende Substanz Riluzol haben alle sich derzeit in klinischer Erprobung befindlichen neuen potenziellen Antidementiva die Hemmung der Entstehung bzw. die Abräumung von bereits entstandenen Aβ-Plaques und Neurofibrillenbündel zum Ziel.