PPH 2018; 24(06): 310
DOI: 10.1055/a-0715-7284
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien: Moksony F, Hegedűs R. Religion and Suicide: How Culture Modifies the Effect of Social Integration. Archives of Suicide Research 2017: 0: 1–12

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. November 2018 (online)

Hintergrund: Sozialforscher beschäftigen sich schon lange mit dem Einfluss der Religion auf das Suizidverhalten. Untersucht wurden konkurrierende Erklärungen hinsichtlich des Suizids in Bezug auf konfessionelle Unterschiede (katholisch/evangelisch). Eine Annahme ist, dass weniger Katholiken den Suizid vollziehen, weil diese fest in der Kirchengemeinschaft verwurzelt sind und dadurch eine breite soziale und emotionale Unterstützung von anderen Gläubigen erhalten. Die Gegenvermutung basiert darauf, dass kulturelle Faktoren, wie Normen und Werte, einen starken Einfluss auf das Suizidverhalten haben und nicht nur die reine Verfügbarkeit und das Ausmaß von sozialen Beziehungen. Davon abgeleitet wurden drei Variablen in die Studie einbezogen: Konfession, Integration in die Kirchengemeinschaft und Bildung.

Methode: Diese Fall-Kontroll-Studie wurde mit 182 potenzialen suizidalen und 610 nicht suizidalen Personen durchgeführt. Der erste Datensatz stammt aus Interviews mit den Angehörigen von 182 Menschen, welche einen Suizid vollzogen haben und zum Zeitpunkt ihres Todes im ungarischen Budapest lebten. Für die Kontrollgruppe wurde ein weiterer Datensatz aus einer Zufallsstichprobe von 610 Personen, die ebenfalls in Budapest leben, verwendet. Die Analyse erfolgte mit einer logistischen Regression. Eine wichtige Limitation dieser Studie ist, dass nur ein einzelnes Land mit spezifischen kulturellen und religiösen Traditionen untersucht wurde.

Ergebnis: Die Ergebnisse bekräftigen die Annahme, dass vor allem der kulturellere Hintergrund mit entsprechenden Normen und Werten einen starken Einfluss auf das Suizidverhalten von Menschen hat. Dies zeigt sich in den nicht kohärenten Ergebnissen zwischen den Glaubensgruppen Katholiken und Protestanten in Bezug auf die angewendeten Variablen Konfession, Integration in die Kirchengemeinschaft und Bildung.

Fazit: Damit suizidale Handlungen besser verstanden werden können, sollten die kulturellen Merkmale des Lebensraums des jeweiligen Menschen verstärkt berücksichtigt werden.

Jörg Kußmaul