Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2007; 42(10): 708-714
DOI: 10.1055/s-2007-993020
Fachwissen
Topthema: Versorgung des Polytraumas
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aktuelle Strategien der notärztlichen Erstbehandlung

Prehospital treatment of severe traumaClemens Kill
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Publication Date:
29 October 2007 (online)

Zusammenfassung

Die präklinische Versorgung schwer verletzter Patienten stellt immer wieder eine besondere Herausforderung an alle beteiligten Rettungskräfte dar. Während beim klassischen Notarzteinsatz zumeist ein einzelner Patient unter oftmals günstigen äußeren Rahmenbedingungen versorgt werden muss, findet die Erstversorgung Schwerverletzter meist unter ungünstigen Verhältnissen an oft unübersichtlichen Einsatzstellen statt. Diese äußeren Einflüssgrößen wie auch das große medizinische Gefährdungspotenzial legen nahe, dass die präklinische Versorgung von Schwerverletzten nicht nur eine medizinische Aufgabe, sondern auch eine organisatorische Herausforderung an das Team im Rettungsdienst wie auch an die Schnittstelle zur klinischen Notaufnahme darstellt. Die nachfolgende Übersicht zeigt die wesentlichen Segmente einer zeitgemäßen Vorgehensweise bei der rettungsdienstlichen Erstversorgung auf und adressiert dabei auch aktuelle Kontroversen.

Abstract:

The prehospital management of patients with severe trauma should focus on stabilization of vital signs. Major goal is the early transport in a specialized trauma center. After immobilization of cervical spine maintenance of oxygen delivery is the primary and most important intervention. Unconscious patients and patients with respiratory distress should receive endotracheal intubation and controlled ventilation on scene. Amounts of Infusion should be decided on blood loss, patients with traumatic brain injury need at least a normotensive blood pressure. Patients with uncontrolled severe bleeding should not receive excessive infusion before urgent surgical treatment can be performed. Prehospital induction of anesthesia must be carefully considered because of the enhanced risk.

Kernaussagen

  • Eigensicherung und Sichtung der Einsatzstelle sind immer die ersten Maßnahmen an einer Unfallstelle.

  • Der Verletzungsgrad wird bei Unfallopfern häufig unterschätzt! Von einer äußerlichen Unversehrtheit des Patienten darf man sich nicht täuschen lassen.

  • Polytrauma bedeutet Lebensgefahr. Alle präklinischen Maßnahmen dienen der Sicherung der Vitalfunktionen und einem schnellstmöglichen Transport in die Klinik.

  • Erstmaßnahme vor jeder weiteren Manipulation ist die Immobilisation der HWS mittels fester HWS-Schiene.

  • Alle bewusstlosen Traumapatienten (GCS <9) benötigen eine definitive Atemwegssicherung. Sie werden präklinisch intubiert und kontrolliert beatmet.

  • Grundsätzlich ist eine Normoventilation mit reinem O2 anzustreben. Wegen eines möglichen Spannungspneumothorax müssen Anstiege des Beatmungsdrucks beachtet werden.

  • Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma benötigen zumindest normotone Blutdruckverhältnisse.

  • Patienten ohne Schädel-Hirn-Trauma mit unstillbarer Blutung sollten hypotensiv (Zielblutdruck: 70-90mmHg systolisch) unter restriktiver Volumenzufuhr transportiert und schnellstmöglich chirurgisch versorgt werden.

  • Alle Polytraumatisierten werden mit immobilisierter Wirbelsäule und achsengerechter Stellung frakturierter Extremitäten in Rückenlage auf der Vakuummatratze gelagert.

  • Wünschenswert ist als Zielklinik ein Haus mit allen auch nur möglicherweise notwendigen Fachdisziplinen.

  • Die Strategie des „work and go” verbietet unnötige und zeitaufwendige Maßnahmen am Einsatzort.

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Dr. med. Clemens Kill

Email: killc@staff.uni-marburg.de