Geburtshilfe Frauenheilkd 2001; 61(2): 79-84
DOI: 10.1055/s-2001-11166
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anwendung eines sensitiven Verfahrens zur Diagnose des Gestationsdiabetes. Metabolische und klinische Ergebnisse

A Diagnostic Strategy for Gestational Diabetes Mellitus: Clinical and Metabolic ResultsA. Festa1 , Alexandra Schwarzmaier1 , Brigitte Bechter2 , W. Grünberger3 , G. Schernthaner1
  • 1 Medizinische Abteilung, KA Rudolfstiftung, Wien
  • 2 Department für Neonatologie, KA Rudolfstiftung, Wien
  • 3 Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, KA Rudolfstiftung, Wien
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Publication History

Publication Date:
31 December 2001 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung

Der unbehandelte (oder unerkannte) Gestationsdiabetes (GD) ist mit einer signifikanten perinatalen Morbidität und Mortalität behaftet. Es gibt jedoch derzeit keine international einheitlichen Richtlinien zur Diagnose des GD. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Evaluierung einer sensitiven diagnostischen Strategie zur Erfassung des GD.

Material und Methodik

Bei 1621 Frauen wurde zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) mit 75 g Glukose im Nüchternzustand durchgeführt. Nach positivem Screeningtest erfolgte ein zweiter diagnostischer oGTT. Die Diagnose GD wurde bei Überschreiten eines einzigen Grenzwertes (Blutzucker im Serum) gestellt: nüchtern: 100 mg/dl, 1 h: 160 mg/dl, 2 h: 140 mg/dl, 3 h: 120 mg/dl. Weiters präsentieren wir demographische, metabolische und geburtshilfliche Daten von 97 Frauen mit GD, 61 Frauen mit intermediärer Glukosetoleranz (IGT; positiver Screeningtest und normaler diagnostischer oGTT), sowie 104 Frauen mit normaler Glukosetoleranz (NGT).

Ergebnisse

Wir stellten die Diagnose GD bei 97 von 1621 schwangeren Frauen, entsprechend einer Prävalenz von 6,0 %. Schwangere Frauen mit IGT waren nach demographischen Gesichtspunkten (Alter, BMI) den Frauen mit NGT vergleichbar, nach metabolischen Kriterien (Serumglukose, -insulin während des oGTT) lag eine Zwischenstellung zwischen NGT und GD vor. Geburtshilfliche Daten waren vergleichbar zwischen (behandelten) Frauen mit GD und NGT, während sich die Gruppe der (unbehandelten) schwangeren Frauen mit IGT von beiden anderen Gruppen tendenziell in Richtung Makrosomie unterschied.

Schlussfolgerung

Die gezeigten Daten unterstützen die Annahme eines Kontinuums zwischen normaler und pathologischer Glukosetoleranz in der Schwangerschaft und lassen auch die Erfassung milder Glukosetoleranzstörungen sinnvoll erscheinen. Der GD bleibt ein wichtiges geburtshilfliches Anliegen und die Durchführung eines Suchtests ist Voraussetzung zur Erfassung dieser ganz überwiegend asymptomatischen, potenziell lebensbedrohlichen Stoffwechselstörung.

Summary

Objective

Perinatal morbidity and mortality are increased in pregnancies complicated by untreated or undetected gestational diabetes mellitus (GDM), but there is little agreement on how to screen for or diagnose the condition. We evaluated a sensitive diagnostic strategy for GDM.

Methods

We conducted an oral glucose tolerance test (oGTT) with 75 g of glucose in 1621 unselected pregnant women between 24 and 28 weeks' gestation. Patients with a positive screening test underwent a second, diagnostic oGTT. A diagnosis of GDM was made if serum glucose exceeded one of the following limits: 100 mg/dL at fasting, 160 mg/dL at 1 hour, 140 mg/dL at 2 hours, and 120 mg/dL at 3 hours.

Results

A total of 97 of the 1621 (6.0 %) women met the diagnosis of GDM, 61 had impaired glucose tolerance (positive screening test but negative diagnostic test). Women with intermediate glucose tolerance were similar in age and BMI to 104 women with normal glucose tolerance and had serum glucose and insulin levels during oGTT between those of women with GDM and women with normal glucose tolerance. The neonatal outcome in women with (treated) GDM was similar to that in women with normal glucose tolerance, whereas in (untreated) women with IGT birth weight and the rate of macrosomia tended to be higher.

Conclusion

Our data support the concept of a continuum of glucose tolerance during pregnancy. A diagnostic strategy aiming at detecting even minor alterations of glucose tolerance (“mild” GDM) yielded good neonatal results and appears to be clinically useful.